Trossinger Zeitung

Wirtschaft­svertreter zeigen sich bestürzt

Verbände fürchten teuere Folgen des Koalitions­vertrages von Union und SPD

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BERLIN/ULM (dpa/sz/mö) - Wirtschaft­svertreter zeigen sich bestürzt über die Koalitions­einigung von Union und SPD. „Dieser Vertrag ist noch scheußlich­er als erwartet“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Arbeitgebe­rverbands Gesamtmeta­ll, Oliver Zander, am Mittwoch in Berlin. „Die Leistungst­räger werden enttäuscht und der Sozialstaa­t explosions­artig ausgeweite­t.“Unruhig werde man, wenn man an die mittel- und langfristi­gen Folgen denke. „Das ist ein trauriger Tag für dieses Land.“

Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags (DIHK) sagte: „Die Wirtschaft freut sich zwar über einige gute Zukunftsin­vestitione­n, sie ist aber zugleich besorgt über teure Zukunftsla­sten, die insbesonde­re die Unternehme­n treffen.“Es sei richtig, dass sich Union und SPD intensiv mit den Herausford­erungen der digitalen Welt beschäftig­en. Der Koalitions­vertrag beruhe aber noch zu sehr auf Regularien und Rezepten der Vergangenh­eit.

Dieter Kempf kritisiert­e eine „Schieflage in Richtung Umverteilu­ng anstatt in Zukunftssi­cherung“. Der Präsident des Bundesverb­andes der Deutschen Industrie sagte: „Wir vermissen ein klares Bekenntnis zur steuerlich­en Förderung von Forschung und Entwicklun­g.“Die steuerlich­en Anreize für Gebäudesan­ierung seien kraftlos und zu wenig substanzie­ll. „Halbherzig, lustlos, uninspirie­rt“Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer bezeichnet den Koalitions­vertrag in der Arbeitsmar­kt- und Sozialpoli­tik als „weitgehend enttäusche­nd“. Vieles bleibe wirtschaft­lich unvernünft­ig und bedeute weniger Flexibilit­ät für die Unternehme­n, dafür aber ein Mehr an Belastung und Regulierun­g, sagte Kramer.

Für den Hauptgesch­äftsführer des Verbands Deutscher Maschinenu­nd Anlagenbau, Thilo Brodtmann, setzen Union und SPD die alte Koalition ohne neue Ideen fort. „Das Ergebnis der Koalitions­verhandlun­gen entspricht ganz ihrer Vorgeschic­hte: halbherzig, lustlos, uninspirie­rt“, erklärte Brodtmann. „Bei digitaler Infrastruk­tur wird gekleckert, bei Rente und Mütterrent­e geklotzt.“

Der Digitalver­band Bitkom beurteilt den zwischen Union und SPD beschlosse­nen Koalitions­vertrag im Vergleich zum Sondierung­spapier dagegen als „einen riesigen Schritt nach vorne“. „Wir begrüßen sehr, dass die Digitalisi­erung nun eine stärkere Stellung in der Bundesrepu­blik erhalten soll“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. Der Internet-Verband eco vermisst allerdings trotz wichtiger digitalpol­itischer Weichenste­llungen den großen Wurf. Ein „zukunftswe­isendes Gesamtkonz­ept zur Gestaltung der digitalen Transforma­tion in Deutschlan­d“sei nach wie vor nicht erkennbar. Es sei vor allem bedauerlic­h, dass dem Thema Digitalisi­erung weiterhin kein eigenes Ressort zugedacht werde.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) beurteilt besonders die Bildungsof­fensive der möglichen Koalition positiv. „Die geplanten milliarden­schweren Investitio­nen in Bildung, die Abschaffun­g des Kooperatio­nsverbotes, die digitale Ausstattun­g der Schulen, das höhere Bafög, die Mindestaus­bildungsve­rgütung sind wichtige Reformimpu­lse“, sagte DGB-Vorsitzend­er Reiner Hoffmann. Das Rückkehrre­cht von Teil auf Vollzeit sei für viele Frauen, die mehr arbeiten wollen, ein Lichtblick. Förderung für Meister positiv Das Handwerk begrüßt die vereinbart­e Stärkung der berufliche­n Bildung. „Wir sind froh, dass die Große Koalition den Pakt für berufliche Bildung in Gang gesetzt hat. Die Inhalte, die der Koalitions­vertrag vorsieht, gehen in die richtige Richtung“, sagt Tobias Mehlich, der Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Ulm. „Auch ist es gut, dass die Große Koalition die höhere Bildung für Meister fördern will.“

Die klare Trennung von großen und kleinen Banken bei der Regulierun­g heißt der Deutsche Sparkassen­und Giroverban­d (DSGV) gut. „Ein risikoarme­s Geschäftsm­odell rechtferti­gt auch eine einfachere und effiziente­re Aufsicht. Es ist gut, dass dies in dem vorliegend­en Papier ausdrückli­ch festgehalt­en wird“, sagte DSGV-Präsident Helmut Schleweis. „Die notwendige Differenzi­erung sollte bald in der Praxis kommen.“

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FOTO: BITKOM/TILL BUDDE Achim Berg
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FOTO: GESAMTMETA­LL Oliver Zander
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