Moderner Western der Extraklasse
„Wind River“schließt die „American Frontier“-Trilogie ab – Jeremy Renner überzeugt als Naturbursche
Vom Wüstensand in den tiefsten Schnee: Beim finalen Teil seiner „American Frontier“Trilogie zieht es den Filmemacher Taylor Sheridan in eisigere Gefilde. Spielten seine Grenzgeschichten „Sicario“und „Hell or High Water“noch in Arizona und Texas, ist das Geschehen nun im winterlichen Wyoming angesiedelt. Und erneut zeigt der Amerikaner, der dieses Mal zusätzlich die Regie übernimmt, dass er einer der derzeit aufregendsten Drehbuchschreiber ist. Seine Geschichten sind an sich nicht übermäßig spektakulär, aber von einer beachtlichen Präzision. Darüber hinaus überzeugen sie genau in den Punkten, auf die es ankommt: glaubwürdige Charaktere, eine Handlung, deren Spannung sich kontinuierlich aufbaut, und eine eindrucksvolle Kulisse, die das Innenleben der Figuren widerspiegelt.
Die geben sich bei Sheridan oft eher wortkarg, wie es sich für Filme, die im Kern modernisierte Western sind, gehört. Cory Lambert (Jeremy Renner) ist so ein Exemplar: Als Wildtierjäger macht er sich so geduldig wie beharrlich auf die Jagd nach Raubtieren, die den Wildbestand gefährden. Ähnlich geht er auch bei seinem Einsatz als Detektiv wider Willen vor – nur, dass er dieses Mal die Fährte eines menschlichen Mörders aufnimmt. Denn bei der Jagd nach Berglöwen ist er im Indianerreservat Wind River auf die Leiche eines Mädchens gestoßen. Die 18-jährige Natalie Hanson (Kelsey Asbille) war barfuß unterwegs, und da der Verdacht auf Mord besteht, schaltet sich das FBI ein. So wird die junge Agentin Jane (Elizabeth Olsen) nach Wyoming entsandt, ist aber nicht nur aufgrund fehlender Winterkleidung bedingt vorbereitet. Daher erklärt sich Cory bereit, sie bei der Ermittlung zu unterstützen. Da er mit einer Frau aus dem Reservat verheiratet war, hat er gute Kontakte in die Gemeinschaft. Und da er vor drei Jahren seine Teenager-Tochter verloren hat, auch ein persönliches Motiv.
Die „Wer war es?“-Frage steht hier weniger im Vordergrund als die Ermittlungen, die den Umständen entsprechend auch mal auf dem Schneemobil erfolgen. Zudem rückt Sheridan, wenn es ernst wird, ganz nah an seine Figuren heran.
Vor allem fasziniert aber der bislang primär durch Action- und Superhelden-Filme bekannt gewordene Renner als aufrichtiger Naturbursche, der im Schatten seiner Vergangenheit steht. Seine Figur könnte auch gut weitere Filme oder eine Fernsehserie tragen. Fürs Erste ist die „American Frontier“-Trilogie nun aber beendet, und man darf gespannt sein, in welche Grenzgebiete Sheridan als Nächstes vordringt.