Mittel- und Oberschicht profitieren
Gutverdiener werden am meisten von den Reformen der Großen Koalition entlastet
BERLIN - Bürger mit guten und relativ hohen Einkommen könnten am meisten vom dem neuen Koalitionsvertrag profitieren. Die größten finanziellen Vorteile werden Paare mit Kindern haben, die um 150 000 Euro brutto pro Jahr verdienen. Bei Singles liegt die höchste Entlastung bei knapp 70 000 Euro Jahresbrutto. Bürger mit sehr hohen Einkommen profitieren dagegen weniger. Für Geringverdiener halten sich die Vorteile ebenfalls in Grenzen, wenngleich auch dort mehr Geld ankommt.
Stefan Bach, Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, hat die Pläne von Union und SPD durchgerechnet. Demnach soll der Solidaritätszuschlag, der Soli, auf die Einkommensteuer ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler wegfallen – außer für die höchsten Einkommen.
Das Kindergeld pro Kopf steigt um 25 Euro monatlich, der steuerliche Kinderfreibetrag wächst ebenfalls. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte sinkt um 0,3 Prozent, zur Krankenversicherung um bis zu 0,5 Prozent, je nach Kasse.
Zweiverdiener-Paar, zwei Kinder: Den größten finanziellen Vorteil haben hier Familien, die um 150 000 Euro Jahresbrutto verdienen, also gut 12 000 Euro monatlich. Als Mittelschichtseinkommen gelten je nach Definition Einkommen bis zu 10 000 Euro. Die Familie, die 150 000 Euro Jahresbrutto bezieht, hat nach Bachs Berechnungen 3100 Euro jährlich mehr, etwa 250 Euro pro Monat. Bei einer Familie mit 75 000 Jahresbrutto beträgt der Vorteil rund 1500 Euro jährlich, 120 monatlich. Wer 30 000 Euro im Jahr verdient, ist noch mit etwa 800 Euro Plus pro Jahr dabei (65 Euro monatlich). Bei vergleichsweise niedrigen Verdiensten hält sich die Entlastung in Grenzen, weil der Effekt des wegfallenden Solis erst später einsetzt. Einverdiener-Paare mit zwei Kindern profitieren von einer ähnlichen, aber etwas niedrigeren Entlastung als Zweiverdiener-Paare.
Single ohne Kinder: Der größte Effekt wirkt bei rund 70 000 Euro Jahresbrutto. Der Vorteil beträgt dort etwa 1200 Euro jährlich, 100 pro Monat. Die Entlastung ist hier niedriger als bei Menschen mit Kindern, weil Kindergeld und Kinderfreibetrag keine Rolle spielen. Singles, die 30 000 Euro Jahresbrutto erwirtschaften, haben etwa 500 Euro mehr auf dem Konto, gut 40 Euro pro Monat.
Geringverdiener: Beschäftigte, die Mini- und Midijobs bis 450 beziehungsweise 850 Euro Monatsverdienst ausüben, profitieren vom Wegfall des Soli nicht, weil sie in der Regel keine Steuer zahlen. Sie erhalten allerdings das höhere Kindergeld. Außerdem will die Koalition dort die Sozialabgaben weiter senken – wie genau, ist noch unklar.
Sehr hohe Einkommen: Verheiratete Angestellte mit Kindern, die mehr als etwa 175 000 Euro jährlich einnehmen, haben keinen Vorteil von der Soli-Abschaffung. Sie müssen ihn weiterzahlen. Auch sie kommen allerdings in den Genuss von Kindergeld- und Freibeitrag und den ermäßigten Sozialabgaben. Sie sparen bis zu 1500 Euro jährlich, etwa 120 Euro pro Monat. Singles über etwa 80 000 Euro Jahresbrutto haben ebenfalls nichts vom Wegfall des Solis. Ihr Plus bewegt sich in der Größenordnung von 500 Euro jährlich.
Kapitalbesitzer: Wer viel Geld auf dem Konto hat und dafür Zinsen zahlt, muss mit einer höheren Steuer auf den Kapitalertrag rechnen. Denn die bisherige Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Zinsen wird abgeschafft und durch den individuellen Einkommensteuersatz ersetzt, der bis zu 45 Prozent reicht.
CDU stellt nun Integrationsbeauftragten
BERLIN (dpa) - In der nächsten Legislaturperiode wechselt das Amt des Integrationsbeauftragten der Bundesregierung von der SPD an die CDU. So steht es im schwarzroten Koalitionsvertrag, dem noch die SPD-Mitglieder zustimmen müssen. Bislang hatte sich SPD-Vize Aydan Özoguz im Range einer Staatsministerin im Auftrag der Bundesregierung um Migration, Integration und Flüchtlinge gekümmert. Wer Özoguz als Staatsminister für Integration in Berlin nachfolgt, war zunächst unklar. Die 50-Jährige selbst wird als eine mögliche Nachfolgerin von Olaf Scholz im Hamburger Rathaus gehandelt.
Keine Rehabilitierungsfrist mehr für SED-Opfer
BERLIN (dpa) - Die künftige Bundesregierung will die Frist für die Rehabilitierung von SED-Opfern streichen. „Den durch SED-Unrecht Geschädigten steht auch in Zukunft eine gesellschaftliche Anerkennung und Rehabilitierung zu. Deshalb wird die Koalition die Fristen in den Rehabilitationsgesetzen streichen“, heißt es im Koalitionsvertrag, auf den sich Union und SPD geeinigt haben. Nach den bisherigen Regelungen ist es nur bis Ende 2019 möglich, einen Antrag zu stellen. In dem Entwurf heißt es auch, das Stasi-Unterlagen-Gesetz habe sich bewährt.