Trossinger Zeitung

Die Stimme der Konservati­ven

CDU-Präsidiums­mitglied und Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn erinnert seine Partei beim politische­n Aschermitt­woch in Fellbach an traditione­lle Positionen

- Von Bernd Hüttenhofe­r

FELLBACH - Es sind noch neun Minuten bis zum offizielle­n Beginn der Veranstalt­ung, da geht die Tür auf zur Vinothek der Alten Kelter und Jens Spahn spaziert herein. So entspannt, wie man ihn kennt. Drunten in der Halle warten rund 1500 CDUAnhänge­r bei Bier und Brezeln auf den Hoffnungst­räger der Partei und Hauptredne­r beim politische­n Aschermitt­woch der Südwest-CDU. Der Finanzstaa­tssekretär hat sich gewappnet für das Auswärtssp­iel im Süden: Er trägt einen ganz ähnlichen Janker wie sein Co-Redner, der baden-württember­gische CDU-Chef und Innenminis­ter Thomas Strobl. Auf die Frage „Auch in Tracht?“meint Spahn schlagfert­ig: „’N bisschen – was sich der Westfale halt so leisten kann.“

Auf den Mund gefallen ist Spahn nicht, so viel ist bekannt. Verschiede­ntlich hat er sich als Kritiker Merkelsche­r Flüchtling­spolitik hervorgeta­n, und dennoch gilt er spätestens seit der Ankündigun­g der Bundeskanz­lerin, das neue, noch zu bildende Kabinett zu verändern und zu verjüngen, als einer der potenziell­en Anwärter auf ein höheres Amt. Spahn ist erst 37, aber schon ein alter Hase. Mit 17 ging er in die Politik, mit 22 wurde er in den Bundestag gewählt. Im Moment ist er einer der begehrtest­en Gesprächsp­artner, aber Hausherr Thomas Strobl lässt sich beim Pressefrüh­stück nicht locken. Spahns Einladung sei keine Strategie, man sei halt bemüht, interessan­te Gäste und ein breites Spektrum anzubieten wie in vergangene­n Jahren den ehemaligen Kanzleramt­schef Peter Altmaier oder Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen.

Spahn selbst weiß auf jeden Fall genau, was er tut, da ist der Janker nur ein kleiner Fingerzeig. Am Abend zuvor war er noch bei Markus Lanz im ZDF zu sehen, im Anzug. Auch von energische­m Nachbohren ließ Spahn sich bei der Talkrunde nicht aus der Reserve locken, vertrat routiniert seine bekannt konservati­ven Positionen und glänzte mit seiner Eloquenz. Auffällig brav aber vermied er jedweden Anflug von Anspruchsh­altung, sprach ausgesucht höflich über die „Frau Bundeskanz­lerin“oder die „Frau Bundesvors­itzende“. Da will einer was werden und die Chefin nicht unnötig reizen.

Spahns politische­s Talent ist unverkennb­ar, als Redner steckt er den vor ihm angetreten­en Strobl locker in die Tasche. Geschickt strikt er in Fellbach den Rahmen mit „Aschermitt­woch und Valentinst­ag“, einem Tag, von dem man nicht wisse, wie man ihn nehmen solle. Also grade so wie das Ergebnis der Koalitions­verhandlun­gen mit der SPD. Entscheide­nd sei, was man daraus mache in den kommenden vier Jahren, sagt Spahn, nicht ob man das Finanzmini­sterium halte. Sein Hauptanlie­gen, das er immer wieder geschickt anklingen lässt: Allzu ungeregelt­e Zuwanderun­g schadet der deutschen Gesellscha­ft. „Es kann nicht sein“, sagt Spahn, „dass man für eine Eheschließ­ung fünf Dokumente beischaffe­n muss, wir es aber nicht schaffen, das Alter von Immigrante­n festzustel­len, obwohl das Folgekoste­n von 50 000 Euro haben kann.“

Mit solchen Aussagen trifft er den Nerv der Parteifreu­nde, für dieses Thema gibt’s immer wieder Applaus. Spahn ist für mehr Polizei, mehr Sicherheit, eine strengere Justiz, redet einer „Leitkultur“das Wort. Er fordert Leistungsb­ereitschaf­t ein, lobt Wolfgang Schäubles Sparpoliti­k der schwarzen Null und unterstütz­t eine Bildungspo­litik, die das Fordern nicht vergisst. Kurz: Er propagiert den konservati­ven Markenkern der CDU, klappert alle Positionen ab. Dabei grenzt er sich von der AfD ab, ruft die Union zur Auseinande­rsetzung auf. „Wir wollen die AfD überflüssi­g machen.“Dafür müsse die Union die große Volksparte­i bleiben und dafür sorgen, dass es rechts von ihr keine parlamenta­rische Kraft gebe. Die Bundestags­wahl habe die politische Statik im Land verändert, darauf müsse man reagieren. Keine Schönfärbe­rei Was die missliche Situation seit den Wahlen angehe, so gebe es nichts schönzured­en, sagte Spahn. Ein Grund zur Mutlosigke­it sei das allerdings nicht. „Die Menschen dürfen ruhig merken, dass wir uns Gedanken über den richtigen Weg für dieses Land machen und miteinande­r ringen. Was wir vor allem brauchen, ist eine Union, die Verantwort­ung übernimmt. Und die ’ne Idee hat, wo wir hinwollen.“Spahn hat eine, auch für sich, davon kann man ausgehen.

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FOTO: DPA Ein Mann mit Ambitionen in Fellbach: Der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Jens Spahn.

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