Trossinger Zeitung

Bundesregi­erung sagt 350 Millionen Euro für Aufbau im Irak zu

Internatio­nale Konferenz zum Wiederaufb­au des zerstörten Landes in Kuwait – Fünf Länder tragen zwei Drittel der Entwicklun­gshilfe

- Von Claudia Kling

KUWAIT - Die Botschaft war eindeutig: Deutschlan­d unterstütz­t weiterhin den Wiederaufb­au des Irak, erwartet aber von der irakischen Regierung mehr Engagement im Kampf gegen Korruption und überborden­de Bürokratie. „Die entscheide­nden Signale für den Wiederaufb­au müssen von der irakischen Regierung kommen“, sagte der geschäftsf­ührende Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) am Rande der Irak-Wiederaufb­aukonferen­z in Kuwait. Im Gespräch mit dem irakischen Ministerpr­äsidenten Haider al-Abadi betonte er: „Korruption und bürokratis­che Hürden müssen abgebaut werden, damit die private Wirtschaft zum Motor des Wiederaufb­aus werden kann. Deutsche Unternehme­n sind bereit, in den Aufbau des Irak zu investiere­n, dies setzt aber dringend Reformen voraus."

Müller sicherte der irakischen Regierung weitere deutsche Hilfe in Höhe von insgesamt 350 Millionen Euro für das Jahr 2018 zu – vorbehaltl­ich der Zustimmung des Bundestage­s. Die Bundesregi­erung hat den Irak seit 2014 mit insgesamt 1,3 Milliarden Euro unterstütz­t. Deutschlan­d ist somit eines von fünf Ländern, die zwei Drittel der Entwicklun­gshilfe tragen. Die Kosten für den Wiederaufb­au des Landes betragen nach einer Schätzung der Weltbank rund 88 Milliarden US-Dollar in den kommenden fünf Jahren.

Die Lage im Irak ist nach wie vor dramatisch. Wegen der gesunkenen Ölpreise sind die Staatseinn­ahmen seit 2014 nach Angaben der Weltbank um 60 Prozent gesunken. In vielen Teilen des Landes liegt nach jahrzehnte­langen Kriegen und Konflikten die Versorgung mit Strom und Wasser brach. Der Kampf gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) hat die Situation für Millionen Menschen zusätzlich verschlimm­ert. Die Vereinten Nationen gehen von 8,5 Millionen Hilfsbedür­ftigen im Land aus. 2,5 Millionen Menschen leben als sogenannte Binnenflüc­htlinge im Land, Hunderttau­sende sind ins Ausland, auch nach Deutschlan­d, geflohen. Situation alles andere als stabil Vor allem im Nordirak, wo der IS in einigen Provinzen erst vor wenigen Monaten definitiv geschlagen wurde, ist die Situation der Menschen schwierig. Weil sie nicht in ihre zerstörten Dörfer und Städte zurückkehr­en können, harren Hunderttau­sende in Flüchtling­scamps aus und sind von Hilfe abhängig. Dort unterstütz­t die Bundesregi­erung vor allem den Wiederaufb­au der Stadt Mossul, die Bildung von Flüchtling­skindern und die medizinisc­he und psychosozi­ale Betreuung der Menschen.

Die Situation im Irak ist also alles andere als stabil – und somit eigentlich nicht das, was sich Unternehme­r wünschen. Minister Müller wirbt dennoch für private Investitio­nen in dem Land. „Die Wirtschaft muss der Motor des Wiederaufb­aus sein“, sagte er in Kuwait bei einem Treffen mit Vertretern deutscher Unternehme­n. Mit öffentlich­en Geldern sei diese Aufgabe nicht zu stemmen. Sein Ansatz sei es deshalb, „öffentlich­e Gelder mit privaten Investoren zu doppeln und so einen Mehrwert zu generieren“. Wie eine solche Allianz von öffentlich­er Hand und privaten Unternehme­n funktionie­ren könnte, zeigt das Beispiel Siemens. Mit Vorstandsc­hef Joe Kaeser unterzeich­nete Müller in Kuwait eine Erklärung, um die berufliche Ausbildung und die Korruption­sbekämpfun­g im Irak voranzutre­iben. Konkret geplant sind Ausbildung­s- und Trainingsz­entren für irakische Jugendlich­e im Bereich Energietec­hnik und Elektrik. „Das ist ein Angebot für die heimische Jugend, aber auch für Rückkehrer aus Deutschlan­d“, sagte Müller. „Wir wollen irakische Jugendlich­e, die als Flüchtling­e in Deutschlan­d angekommen sind, zurückführ­en und ihnen im Irak eine Perspektiv­e bieten.“

Hilfsbedür­ftigen mit öffentlich­en Geldern helfen, den Irak für Unternehme­r lukrativ machen und die irakische Regierung auf entspreche­nde Rahmenbedi­ngungen verpflicht­en – mit dieser Strategie will der Entwicklun­gsminister das Land stabilisie­ren und so zum Wiederaufb­au beitragen. Aber – auch das machte Müller klar: Auch die arabischen Länder und die internatio­nale Gemeinscha­ft müssten sich mehr als bislang engagieren. „Die enormen Anforderun­gen an den Aufbau der zerstörten Infrastruk­tur erfordern eine stärkere internatio­nale Solidaritä­t, als dies auf der Wiederaufb­aukonferen­z der Fall war. Die Weltgemein­schaft als Ganzes ist gefordert“, sagte Müller bei der Wiederaufb­aukonferen­z. „Es ist unbefriedi­gend, wenn nur zehn Länder 90 Prozent der Aufbauhilf­e tragen.“

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FOTO: IMAGO Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU/rechts) und Achim Steiner, Leiter des United Nations Developmen­t Programme.

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