Der Preis der Freiheit
Das Signal Yildirims ist ein Jahr nach der Festnahme Yücels ein gutes Zeichen. Doch bis der Reporter wirklich frei ist, wird es noch spannend. Schließlich ist eine wichtige Frage unbeantwortet: Was verlangt die Türkei als Preis für die Haftentlassung des Korrespondenten? Ankara will die Beziehungen zu Deutschland normalisieren, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen. Deshalb ist denkbar, dass die Bundesregierung die im vorigen Jahr eingeführte Einschränkung staatlicher Bürgschaften für TürkeiGeschäfte wieder aufhebt.
Klar ist aber schon jetzt, dass selbst eine Freilassung Yücels das grundsätzliche Problem zwischen der Türkei, Deutschland und anderen EU-Staaten nicht ausräumen kann: Ankara hat sich in den vergangenen Jahren sehr weit von den politischen Normen Europas entfernt. Solange es hier keine Kehrtwende der Türken gibt, steht jede Normalisierung auf wackeligem Fundament. politik@schwaebische.de
Für die Türkei wird es trotz der neuen Flexibilität im Fall Yücel deshalb schwierig, Merkel und andere europäische Politiker zu einem grundsätzlichen Kurswechsel in den Beziehungen zu bewegen. Ankara hat in Europa kaum noch Unterstützer. So lehnt Merkel unter anderem eine Ausweitung der EU-Zollunion mit der Türkei ab. Die neue Bundesregierung will zudem den türkischen EU-Beitrittsprozess einfrieren und das visafreie Reisen für Türken in Europa verhindern. Eine Freilassung Yücels wird nicht genügen, um diese Entscheidungen wieder rückgängig zu machen.