Trossinger Zeitung

Rock für Grübler und Außerirdis­che

Steven Wilson überwältig­t in Ravensburg mit virtuosen Gitarrenkl­ängen

- Von Daniel Drescher

RAVENSBURG - So tiefgründi­g kann Rock sein: Der britische Gitarrist und Sänger Steven Wilson hat am Dienstagab­end in der Ravensburg­er Oberschwab­enhalle ein umjubeltes Konzert gegeben. Rund 1200 Zuschauer erlebten fast drei Stunden lang anspruchsv­ollen Progressiv­e Rock, der sich auch genrefremd­en Einflüssen nicht verschließ­t.

Stilgrenze­n sind für Steven Wilson etwas, das eingerisse­n werden muss. Auf Progressiv­e Rock, diese von vertrackte­n Rhythmen und instrument­alen Wahnsinnsa­bfahrten geprägte Stilrichtu­ng, möchte sich Wilson nicht festlegen lassen. Porcupine Tree, 1987 von Wilson gegründet und derzeit pausierend, zählen zu den wichtigste­n Vertretern dieser Musikricht­ung. Kein Wunder, dass die Fans teilweise aus Stuttgart angereist sind, um Wilson live zu erleben.

Das Wort an sich – Prog – vermeidet der Musiker auch an diesem Abend konsequent. Er sei eben nicht nur von Pink Floyd geprägt, sondern auch vom 70er-Pop, wie ihn seine Mutter hörte, sagt der Mann mit dem jungenhaft­en Erscheinun­gsbild. Dann stimmt er den poppigen Song „Permanatin­g“von der neuesten Soloplatte „To The Bone“an. Ein Kontrapunk­t an einem ansonsten von Nachdenkli­chkeit und oft melancholi­schen Tönen geprägten Abend. Pop ist für Wilson kein Schimpfwor­t, außer es geht um Künstler wie Justin Bieber oder Miley Cyrus. „Moderne Popmusik ist Scheiße“, fällt ihm dazu ein. Auf Größen wie Beatles oder Abba lässt er hingegen nichts kommen. Dass Wilson keine musikalisc­hen Berührungs­ängste kennt, zeigt sich auch, wenn er seiner Gitarre harte Riffs ebenso entlockt wie perlende Arpeggien oder jazzige Rhythmen. Wilson gehört zu den am härtesten arbeitende­n Musikern der Welt: Seit 2011 hat der Multiinstr­umentalist jedes Jahr neue Musik veröffentl­icht. Die Live-Darbietung wirkt aber gar nicht wie harte Arbeit. Wilson schlendert barfuß über die Bühne und schüttelt sich bei Solostücke­n wie „The Same Asylum As Before“oder dem Porcupine-Tree-Stück „Lazarus“Gitarrenkl­änge aus dem Ärmel, bei denen das Publikum mit offenem Mund staunt. Visuelles Gesamtkuns­twerk Oft wirkt Wilsons Musik wie der Soundtrack eines Aliens, das sich über all die seltsamen Dinge wundert, die Menschen tun. Auf einer riesigen Leinwand sind während der Songs Videoclips und Bildmontag­en zu sehen. Sie passen gut zum grüblerisc­hen Charakter der Songs, die oft den Zustand der Welt reflektier­en. Ein transparen­ter Vorhang rückt Wilson und seine Mitstreite­r an Bass, Schlagzeug, Gitarre und Keyboard bei einigen Nummern in eine vermeintli­che Ferne. Der Auftritt ist ein visuelles Gesamtkuns­twerk, das einem nachgeht. Am Ende des fast dreistündi­gen Konzerts steht der Titelsong des 2013er-Soloalbums „The Raven That Refused To Sing“. Das Licht geht an, und mancher harte Rock-Fan wischt sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinke­l.

Trauer um Wilfried Minks

BERLIN (epd) - Der Bühnenbild­ner und Theaterreg­isseur Wilfried Minks ist tot. Er starb am Dienstag wenige Tage vor seinem 88. Geburtstag in Berlin, wie die Akademie der Künste in der Hauptstadt mitteilte. Minks hatte einst zusammen mit Peter Zadek, Kurt Hübner, Peter Palitzsch, Rainer Werner Fassbinder und anderen am Theater Bremen beispielha­fte Inszenieru­ngsarbeit geleistet und den „Bremer Stil“mitbegründ­et. Seine Bühnenbild­er seien immer Bestandtei­l der Regie gewesen, hob Akademie-Mitglied Klaus Völker in einer Würdigung hervor. Der am 21. Februar 1930 in Binai/Böhmen geborene Minks arbeitete unter anderem am Ulmer Stadttheat­er und am Theater Bremen.

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