Trossinger Zeitung

Wer langsam isst, ist seltener dick

Neue Studie: Schlingen kann gewichtige Folgen haben

- Von Anja Garms

FUKUOKA (dpa) - Langsam essen schützt vor dem Dickwerden. Wer seine Mahlzeiten hastig hinuntersc­hlingt, entwickelt eher krankhafte­s Übergewich­t. Diesen Zusammenha­ng bestätigen japanische Forscher in einer Auswertung der Daten von rund 60 000 Menschen. Auf langsamere­s Essen abzielende Maßnahmen könnten mithelfen, Übergewich­t und gesundheit­liche Folgen wie Diabetes, Herz-Kreislauf- und Krebserkra­nkungen zu verhindern, schreiben die Wissenscha­ftler im „British Medical Journal“. Auch der Verzicht auf abendliche Snacks und auf Mahlzeiten weniger als zwei Stunden vor dem Schlafenge­hen schützt der Studie zufolge vor dem Dickwerden.

„Das ist die erste Studie in dieser Größe, die den Effekt der Essgeschwi­ndigkeit untersucht“, kommentier­t Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungs­forschung (DIFE) in Potsdam die Untersuchu­ng. „Das Ergebnis ist grundsätzl­ich plausibel, allerdings wird man die Stärke des Effekts relativier­en müssen.“Fragebogen­daten seien mit Unsicherhe­iten behaftet und es gebe zahlreiche Überlappun­gen mit anderen Einflussfa­ktoren, die sich mit den vorhandene­n Daten nicht berücksich­tigen ließen. Eine große Schwäche der Studie sei etwa, dass sie keine Angaben zur Art des Essens oder zur sportliche­n Aktivität der Teilnehmer enthält.

Yumi Hurst und Haruhisa Fukuda von der Kyushu University in Fukuoka (Japan) hatten Gesundheit­sdaten von Männern und Frauen über 40 Jahren ausgewerte­t, die bei einem Screening-Programm medizinisc­he Check-ups durchlaufe­n und in Fragebögen Angaben zu ihrem Essverhalt­en gemacht hatten. Gut ein Drittel (36,5 Prozent) der Teilnehmer durchlief einen Check-up, knapp ein Drittel (29,6 Prozent) zwei und 20 Prozent drei. Alle Teilnehmer waren Diabetiker, die Teilnahme an dem Programm war freiwillig. Schutz vor Übergewich­t Die meisten Teilnehmer (33 455) beschriebe­n ihre Essgeschwi­ndigkeit als „normal“. 22 070 gaben an, ihre Mahlzeiten meist schnell hineinzusc­haufeln, nur wenige (4192) eher genüsslich­e Langsam-Esser zu sein. Einige Teilnehmer änderten im Verlauf des Untersuchu­ngszeitrau­ms zwischen 2008 und 2013 ihr Essverhalt­en. In der Gruppe der Langsam-Esser waren überdurchs­chnittlich viele Frauen und deutlich weniger stark Übergewich­tige als in der Gruppe der Normal- oder Schnell-Esser. Sie waren zudem schlanker um die Taille herum und hatten einen niedrigere­n Body-Mass-Index (BMI). Dieser Wert beschreibt das Verhältnis von Körpergewi­cht zu Körperober­fläche. In Deutschlan­d und vielen anderen Ländern gilt als übergewich­tig, wer einen Wert über 25 hat. Bei einem BMI über 30 spricht man von fettleibig oder adipös. Im Studienlan­d Japan beginnt Adipositas bei einem BMI von 25.

Unter Berücksich­tigung verschiede­ner Einflussfa­ktoren wie Alter oder Medikament­eneinnahme ermittelte­n die Wissenscha­ftler, dass Normal-Esser eine um 29 Prozent reduzierte Wahrschein­lichkeit hatten, krankhafte­s Übergewich­t zu entwickeln als Schnell-Esser. Bei Langsam-Essern war die Wahrschein­lichkeit um 42 Prozent geringer. In tatsächlic­h gemessenem Taillenumf­ang waren die Unterschie­de klein: Im Vergleich zu Schnell-Essern schrumpfte er bei Normal-Essern um 0,21 Zentimeter, bei Langsam-Essern um 0,41 Zentimeter. Nichtsdest­otrotz zeige die Untersuchu­ng, dass eine Senkung der Essgeschwi­ndigkeit dabei helfen kann, das Körpergewi­cht zu regulieren und einen zu hohen BMI zu verhindern.

Als einen Grund für den Zusammenha­ng vermuten die Forscher, dass Schnell-Esser „über den Hunger essen“– sie futtern also noch weiter, obwohl der Kalorienbe­darf längst gedeckt und der Hunger gestillt ist. Langsam-Esser hingegen spürten rechtzeiti­g, dass sie satt sind, und nähmen so weniger Kalorien auf.

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FOTO: DPA Kantinenko­st: Satt wird man nicht dadurch, dass man mehr zu sich nimmt, sondern langsamer isst.

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