Dortmund träumt vom Titel, Leipzig reist zu Neapels Reserve
Während die Borussen ihre Lust an der Europa League entdeckt haben, versucht Vizemeister RB, den Gegner zu ignorieren
DORTMUND/NEAPEL (SID/dpa) Peter Stöger hat das Ziel in der Europa League fest vor Augen. „Wir haben uns alle den 16. Mai freigehalten, um im Finale dabei zu sein. Das ist unsere Zielsetzung, auch wenn starke Gegner dabei sind“, sagt der Trainer von Borussia Dortmund vor dem Hinspiel der Zwischenrunde heute gegen Atalanta Bergamo (19 Uhr/Sky). RB Leipzig muss auf dem Weg in die nächste Runde die Hürde SSC Neapel überwinden – für den Vizemeister schon ein vorweggenommenes „Finale“(21.05 Uhr/Sport1).
In Dortmund erwartet Stöger beileibe keine einfache Aufgabe. „Für Leute von außen ist es ein Gegner, der vom Namen her nicht so renommiert klingen mag. Doch Atalanta ist eine Mannschaft, die es den Großen in Italien immer schwer gemacht hat, deswegen sind wir gewarnt“, sagte Stöger über den Tabellen-Achten der Serie A.
Gegen defensiv eingestellte Teams tat sich der BVB zuletzt oft schwer. Doch nach der vielversprechenden Rückkehr von Nationalspieler Marco Reus gegen den Hamburger SV (2:0) am vergangenen Samstag geht der BVB mit viel Selbstbewusstsein in das Duell. Dank Stürmer Michi Batshuayi strahlt der BVB auch wieder Torgefahr aus. Reus hat durchaus Lust auf die Europa League: „Es ist eine große Chance, wenn wir uns ans Herz fassen und die Sache angehen, als wäre es die Champions League. Der BVB hat die Europa League noch nie gewonnen, das ist zusätzliche Motivation.“Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der im Sommer einen größeren Umbruch angekündigt hat, sagte: „Die Spieler, die jetzt im Kader stehen, können uns zeigen, dass man in Zukunft unbedingt auf sie setzen muss. Jeder hat jetzt noch drei Monate Zeit, sich anzubieten.“
Der BVB gilt nach dem enttäuschenden Abschneiden in der Champions League und dem wechselhaften Bundesliga-Saisonverlauf nicht unbedingt als erster Titelkandidat, doch die Chance auf den Coup ist da. Der Favoritenkreis ist allerdings groß: Auch der AC Mailand, Atletico Madrid, der FC Arsenal, Leipzig-Gegner Neapel, Lazio Rom oder Olympique Lyon, in dessen Stadion das Endspiel steigt, wollen ihre Möglichkeiten im zweithöchsten europäischen Wettbewerb nutzen. „Wenn man sieht, welche Mannschaften dieses Jahr dabei sind, dann kann man nicht von einem Trostpreis sprechen“, sagte BVB-Verteidiger Ömer Toprak.
Leipzigs Yussuf Poulsen gerät vor dem Duell in Neapel derweil ins Schwärmen. „Das hätte auch das Finale sein können“, sagte der RB-Stürmer über die Partie beim Tabellenführer der Serie A. Auf dem Papier verheißt die Partie tatsächlich Großes. Doch der Schein trügt: Ein fast leeres Stadion und eine bessere B-Elf als Gegner erwarten die Sachsen im Süden Italiens. Es scheint, als freue sich allein der deutsche Vizemeister so richtig auf die Herausforderung Europa.
„Für solche Spiele“werde man Fußballer, ließ Nationalspieler Diego Demme verlauten. Demme selbst ist Halb-Italiener, sein Vater Enzo glühender Napoli-Fan. Doch bis in dessen italienische Heimat reicht die Begeisterung nicht. Nur 6000 Tickets verkauft Laut lokalen Medien waren am Dienstag gerade mal 6000 Tickets für das Spiel im 60 000 Zuschauer fassenden Stadio San Paolo verkauft – 1500 davon an Fans aus Leipzig. Zum Vergleich: Neapels internationaler Minusrekord diese Saison markierte das Champions-League-Heimspiel gegen Schachtjor Donezk (3:0) mit 10 573 Zuschauern. Die fehlende Begeisterung könnte eben damit zu tun haben, dass Neapels Trainer Maurizio Sarri mutmaßlich aufgrund des engen Duells mit Juventus Turin um die Meisterschaft – den Süditalienern winkt der erste Scudetto seit 1990 – mit einem besseren Reservistenteam antreten will, also ohne Stars wie Marek Hamsik. Defintiv fehlen wird der gelbgesperrte Stürmer Dries Mertens. Sarri ließ zudem offen, ob er Pepe Reina ins Tor beordert oder den Stammkeeper schont. Unklar ist zudem, ob Arkadiusz Milik nach seinem Kreuzbandriss im September schon fit sein wird und Mertens ersetzen könnte. Die Leipziger kümmert all das herzlich wenig. „Ich gehe schon davon aus, dass sie den Anspruch haben, erfolgreich zu sein in dem Wettbewerb“, sagt Kapitän Willi Orban: „Im Endeffekt kann es uns egal sein, mit wem sie da auflaufen.“
Auch Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl schert sich nicht um die Namen. „Wir bereiten uns auf den schwerstmöglichen Gegner vor und deswegen werden wir mit der bestmöglichen Truppe auflaufen“, sagte der Österreicher. Hasenhüttl kann auf seine Top-Leute zurückgreifen. „Wir haben die volle Kapelle an Bord.“