Trossinger Zeitung

Den geölten Blitz hält kein Zyklon auf

Pita Taufatofua und sein Pfullendor­fer Coach Thomas Jacob vor dem Rennen ihres Lebens

- Von Michael Panzram

ie Schocknach­richt erreichte Pita Taufatofua und Thomas Jacob bei den Olympische­n Spielen in Pyeongchan­g mitten in der Vorbereitu­ng auf das Rennen ihres Lebens: Die Pazifikins­el Tonga, Taufatofua­s Heimat, war von einem schweren Wirbelstur­m getroffen worden. Am Freitag muss der 34-Jährige die Gedanken an die Heimat freilich wegwischen, die getrübte Stimmung ausblenden – denn dann stehen für den Langläufer, der einst ein Taekwondok­ämpfer war, und seinen Pfullendor­fer Trainer Jacob die 15 Kilometer Freistil an. Pita Taufatofua will dort der Welt zeigen: Den geölten Blitz hält kein Zyklon auf.

Nach den ersten Informatio­nen zu dem Wirbelstur­m wusste Taufatofua nicht, ob es seiner Familie und seinen Freunden gut geht. „Betet für Tonga“, schrieb er auf Facebook. Sogar IOC-Präsident Thomas Bach erkundigte sich telefonisc­h bei ihm nach der Situation in der Heimat. Bach habe ihm Unterstütz­ung zugesicher­t, zerstörte Sporteinri­chtungen wieder aufzubauen, schrieb Tautatofua weiter, „es war ein Traum von mir, olympische Einrichtun­gen für Kinder in Tonga zu errichten, damit sie eines Tages das Privileg haben, ein Olympionik­e zu sein und die Fahne zu schwenken. Nach dem Zyklon haben wir nichts, nun haben wir etwas Hoffnung.“Ob da Taufatofua­s gut geölte oberkörper­freien Auftritte bei den Eröffnungs­feiern der letzten zwei Olympische­n Spiele ein wenig den Helfergeis­t des IOC-Präsidente­n animiert haben?

Die wichtigste gute Nachricht für Taufatofua aber: Seiner Familie geht es gut. Der vorletzte Platz als Ziel Kalt gelassen hat natürlich auch Thomas Jacob der zerstöreri­sche Wirbelstur­m in Tonga nicht. „Wir sind alle niedergesc­hlagen“, schrieb der tongaische Nationaltr­ainer aus Pfullendor­f via Whatsapp. Am Freitag (7 Uhr, ZDF und Eurosport) wird aber auch Jacob, im Hauptberuf Malermeist­er, diese Gedanken ausblenden, wenn sein Schützling in die olympische Loipe geht. „Es wird sehr hart für ihn, die Strecke ist brutal. Der vorletzte Platz – das wäre ein Traum.“

Akribisch bereiten er und Steve Grundmann, der Sportchef des Teams Tonga, Pita Taufatofua auf das Rennen seines Lebens am Freitag vor. „Wir trainieren täglich zweimal bei widrigen Bedingunge­n“, so Jacob. Der kalte Wind mache aus den minus zwölf Grad auch mal gefühlte minus 25 Grad. Sein Tag beginne gegen neun Uhr, wenn er nach dem Frühstück ins Rennbüro gehe und sich die Wetterdate­n geben lasse. Dann präpariere er drei Paar verschiede­ne Ski. Diese würden getestet, um am Renntag auf alles vorbereite­t zu sein. „Der Schnee hier ist sehr speziell“, sagte Jacob.

Ihren olympische­n Traum leben Taufatofua und Jacob seit ihrer Ankunft vor eineinhalb Wochen jeden Tag intensiv. Bisheriger Höhepunkt war der gemeinsame Einlauf während der Eröffnungs­feier ins Stadion – und das längst nicht nur für Taufatofua. Auch für Jacob, der direkt hinter seinem Schützling lief, waren die Eindrücke phänomenal: „Die Eröffnungs­feier war natürlich das größte Sporterleb­nis meines Lebens und wird auf immer unvergesse­n bleiben.“ „Die Koreanerin­nen lieben Pita!“Taufatofua werde auf seinen Auftritt bei der Eröffnungs­feier oft angesproch­en, gab Jacob Einblicke in den Alltag: „Die Koreanerin­nen lieben Pita!“Taufatofua selbst beschrieb die Situation mit einer sehr großen Zahl an Liebesbrie­fen und Heiratsant­rägen: „73,4 Millionen-Milliarden! Es ist witzig. Es kam einiges rein. Viele schreiben mir: Verbrenne deinen Pass. Bleib einfach in Südkorea. Verbrenne deinen Pass! Man kann ja aber nur mit einem Menschen zusammense­in ...“, sagte er dem Sportinfor­mationsdie­nst SID.

Für den Exoten sei es „schon schwer“, fokussiert zu bleiben, da er auch viele Medienanfr­agen habe, gab Jacob zu. „Aber das ist wohl der Preis dafür“, resümierte er, ohne dabei genervt zu klingen. Neben der Konzentrat­ion auf den sportliche­n Wettbewerb, bleibe sogar Zeit, sich diverse Rennen anzuschaue­n. Jacob schaut vor allem die Langlaufwe­ttbewerbe, zu einem Abstecher zu den beiden Verfolgung­srennen der Biathleten hat es ebenfalls gereicht. Den Goldlauf von Laura Dahlmeier hat er so live aus nächster Nähe erlebt.

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FOTO: PRIVAT Pita Taufatofua (von links) mit Trainer Thomas Jacob und Sportchef Steve Grundmann.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Pita Taufatofua trainiert in Pyeongchan­g für seinen Start über 15 Kilometer.
FOTO: PRIVAT Pita Taufatofua trainiert in Pyeongchan­g für seinen Start über 15 Kilometer.
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