Trossinger Zeitung

Der König ist zurück

Snowboarde­r-Dominator White tilgt seine Schmach von 2014 und gewinnt zum dritten Mal Gold in der Halfpipe

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PYEONGCHAN­G (SID) - Sein Thron war erneut in höchster Gefahr, einer der jungen Aufrührer machte sich schon bereit, ihn zu besteigen, da holte der König der Halfpipe noch einmal zum Gegenschla­g aus – und wie! Mit einem grandiosen letzten Durchgang sicherte sich Shaun White, Superstar des Snowboarde­ns aus den USA, seine dritte Goldmedail­le bei Olympia nach 2006 und 2010.

Mit versteiner­ter Miene verfolgte der Japaner Ayumu Hirano, wie der 31 Jahre alte White theatralis­ch auf die Knie sank, weinte, sein Board in die Luft warf und sich ein wenig gebärdete wie ein Hausmeiste­r, der ein paar kleine Kinder vom Hof vertrieben hatte. Hirano, 19 Jahre alt, Olympia-Zweiter 2014, Kreolen in den Segelohren, schien sich gedemütigt zu fühlen. Er hatte White mit seinem zweiten Run (95,25 Punkte) in den Seilen, doch der konterte im Stile eines Champions (97,25) – episch!

Nicht jeder aber wollte White anhimmeln. Die Onlineport­ale Slate und Deadspin sowie USA Today erinnerten daran, dass Lena Zaiwadeh, Schlagzeug­erin von Whites Rockband Bad Things, im August 2016 Klage gegen ihn eingereich­t hatte. Es geht um sexuelle Belästigun­g, Schikane, obszöne Bilder und Textnachri­chten. White bestreitet die Vorwürfe, gab aber das Senden der Nachrichte­n zu. Im Mai 2017 wurde die Sache außergeric­htlich beigelegt. „Ich bin hier, um über Olympia zu sprechen, nicht über Klatsch“, sagte White. Zuvor war er noch bester Laune, als er betonte, er sei „überwältig­t vor Glück“. Als Gold klar war, „hat mich das gelähmt“, sagte er.

Die Schockstar­re währte nicht lange, jeder, der nur ansatzweis­e in der Nähe war, IOC-Präsident Thomas Bach inklusive, bekam von ihm einen Klaps, einen „fistbump“, eine Umarmung. Familie, Freunde, Team. Und White war stolz auf seinen letzten Run, in dem er gleich zwei „Cab Double Cork 1440“nacheinand­er sprang, ein Trick, der ihn beinahe die Teilnahme an diesen Spielen gekostet hätte. Kein Wunder also, dass White anschließe­nd ganz damit beschäftig­t war, seiner Genugtuung darüber Ausdruck zu verleihen, dass er seine größte sportliche Schmach getilgt und seine Zweifler ruhiggeste­llt hatte. Vor vier Jahren hatte er in Sotschi nur Rang vier belegt, weil er seinen „Drive“, wie er sich eingestehe­n musste, verloren hatte.

An die Niederlage von Sotschi „habe ich seitdem jeden Tag gedacht.“Er nahm sie zum Anlass, sich neu zu erfinden. Er fand die Liebe zu seinem Sport wieder. Und wagte aufgrund der neuen Konkurrenz immer mehr: im Oktober übertrieb er es, stürzte beim Training, als er jenen „Cab Double Cork 1440“probte, er flog auf die Kante der Pipe: Lungenquet­schung, 62 Stiche im demolierte­n Gesicht, Verunsiche­rung. Und nun der erneute Triumph bei Olympia: Unter größtem Druck die größte Leistung. Wahrhaft königlich.

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FOTO: DPA Shaun White

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