Trossinger Zeitung

Schöne weiße Welt

- Von Joachim Lindinger

S o eine Abfahrt, maskulin, ist eine heilige Sache. Gerade bei Olympische­n Winterspie­len. So eine Männer-Abfahrt will penibelst geplant sein. Schaut doch die ganze Welt hin, wenn sich die Jugend derselben zu Ski zu Tale stürzt. In Südkorea tut sie das heute vom Berg Gariwang im „Jeongseon Alpine Ski Centre“. 2,852 Kilometer lang ist die Piste, von 1370 Metern Höhe führt sie auf 545. Ob das die ganze Welt mitkriegt, wissen wir nicht. Startzeit 11.30 Uhr – wer da in und um Mittenwald Thomas Dreßen die Daumen drücken will, muss um 3.30 Uhr den Fernseher anschalten. Sehen wird er dann viel Braun und nicht ganz so viel Weiß. Sehen wird er 550 000 Kubikmeter Kunstschne­e. Seit November schon arbeiten Kanonen und Lanzetten quasi volles Rohr, und was sie in kalten Nächten so produziere­n (gibt es hier eigentlich auch nicht ganz so kalte?), genügt höchsten Ansprüchen. Wenn man’s mag. Tom Johnston mag’s. „Chief of Race for Ski Events“ist der Amerikaner in Pyeongchan­g, gefragt war sein Gespür für Schnee bereits 2002 in Salt Lake City und vor vier Jahren in Sotschi. „Das ist guter von Menschen gemachter Schnee“, sagt Tom Johnston. „Wir mögen diesen richtig harten Schnee sogar lieber als eine Tonne Naturschne­e.“Okayyyyy? „Ich mag Naturschne­e nicht – du kannst ihn nicht kontrollie­ren.“ Dafür kann man Kunstschne­e ... putzen. Schneeweiß soll er schließlic­h sein, wenn die Welt, falls sie wach wird, auf ihn schaut an den Bildschirm­en. Da wird die Viel-Braun-undnicht-ganz-so-viel-Weiß-Gemengelag­e schnell zum ästhetisch­en Problem. Wir sagen nur: Schmutzpar­tikel im Skischuhpr­ofil. Sowas von pfuibäh aber auch ist das! Barfußlauf­en könnte Abhilfe schaffen, doch Sommerspie­le sind erst in Tokio wieder. Bleibt die südkoreani­sche Variante: Man nehme zwei Schilder, platziere sie im kontaminie­rten, dem Eingang zum Zielbereic­h. „Bitte putzen Sie ihre Schuhe, bevor Sie den Schnee betreten!!“, las man da nach der Kombinatio­nsabfahrt. Und: „Kein Eintritt mit dreckigen Skischuhen.“Helfer (die Sohlen geschrubbt) kratzten derweil ab, was an Hinterlass­enschaften füßlings zuvor schon zusammenge­kommen war. Schöne weiße Welt. *Annyeong (gesprochen ahn-joh) ist im Koreanisch­en die zwangloses­te Form - meist unter Freunden –, um "Hi" oder "Hey" zu sagen.

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