Bürgerkrieg eskaliert an zwei Fronten
Erdogan droht mit Belagerung der syrischen Stadt Afrin – Angriffe auf Ost-Ghuta halten an
LIMASSOL/ISTANBUL - Nachdem die kurdischen Volksverteidigungsmilizen bekannt gegeben hatten, gemeinsam mit der Assad-Armee die türkische Armee zu bekämpfen, hat es der türkische Präsident eilig. Zusätzliche Panzerverbände wurden in die Grenzprovinz verlegt. Gleichzeitig kündigte Recip Tayyip Erdogan die Belagerung der syrischen Großstadt Afrin an, in der mehr als 500 000 Menschen leben.
Die Türkei, das wird nun immer deutlicher, will im Norden Syriens vollendete Tatsachen schaffen. Genau einen Monat nach dem Beginn der Operation „Olivenzweig“möchte sich Erdogan seiner Bevölkerung, die den Einmarsch der Armee bislang mehrheitlich unterstützt, als großer Sieger präsentieren. „Die Terroristen“, prognostizierte der türkische Präsident am Dienstag, „werden bald keine Möglichkeit mehr zum Handeln haben.“ Syrische Einheiten beschossen Regierungstreue syrische Einheiten seien bei ihrer Ankunft in Afrin mit Artilleriefeuer angegriffen worden, meldete die syrische Staatsagentur Sana. Türkische Medien sprachen von „Warnschüssen“. Die Regierungstruppen sollten Stellung an der Grenze zur Türkei beziehen, um sich, so die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), „an der Verteidigung der territorialen Einheit Syriens und seiner Grenze zu beteiligen“. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von einem Konvoi mit Hunderten regierungstreuen Kämpfern. Erdogan drohte, „in den kommenden Tagen“ Afrin-Stadt unter Belagerung zu nehmen. Allerdings kommen die türkische Armee und verbündete syrische Rebellen wegen des heftigen Widerstands der YPG nur langsam voran. Laut der Beobachtungsstelle eroberten sie bisher nur 45 Dörfer in Grenznähe. Nach Angaben der oppositionsnahen Organisation wurden im Zuge der „Operation Olivenzweig“bisher 32 türkische Soldaten, 205 verbündete Rebellen, 219 kurdische Kämpfer und 112 Zivilisten getötet. Die Türkei weist Berichte über zivile Opfer vehement zurück. Für Medien sind die Zahlen der Beobachtungsstelle nicht zu überprüfen.
Syriens Machthaber Baschar alAssad ist derweil entschlossen, das ganze Staatsgebiet wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Seine Truppen gehen seit Ende Dezember auch gegen die beiden Rebellenhochburgen Idlib und Ost-Ghuta vor. Offenbar steht die Armee kurz vor einer Bodenoffensive gegen die seit Jahren belagerte Enklave Ost-Ghuta nahe der Hauptstadt Damaskus.
Trotz eines internationalen Aufschreis bombardiert die syrische Armee Ost-Ghuta seit Tagen ohne Unterlass. Nachdem es am Montag laut der Beobachtungsstelle 127 Tote gegeben hatte, wurden auch am Dienstag 66 Menschen getötet, darunter 13 Kinder. Viele Einwohner flohen in Keller, die Krankenhäuser waren völlig überfüllt. Medikamente gehen zu Ende „Es war die Hölle“, sagte ein Arzt aus einem Krankenhaus in Ost-Ghuta über die Angriffe am Montag. „Wir mussten mit ansehen, wie Kinder in unseren Händen an ihren schweren Wunden gestorben sind, weil sie zu spät ins Krankenhaus kamen.“Die Kliniken seien völlig überfüllt. Narkosemittel und wichtige Medikamente gingen zu Ende. Bilder aus dem Rebellengebiet zeigten verstaubte Opfer unter den Trümmern zerstörter Häuser. Aktivsten verbreiteten Aufnahmen von getöteten Kindern.
Das Kinderhilfswerk Unicef zeigte sich entsetzt über die Angriffe auf schutzlose Zivilisten: „Keine Worte werden den getöteten Kindern, ihren Müttern, ihren Vätern und ihren geliebten Angehörigen gerecht“, erklärte Unicef-Generaldirektor Geert Cappelaere. Der UN-Hilfskoordinator Panos Mumtsis forderte ein sofortiges Ende der Luftangriffe. „Die humanitäre Lage der Zivilisten in Ost-Ghuta ist völlig außer Kontrolle“, erklärte er. Die Exilopposition warf Assads Truppen einen „Vernichtungskrieg“vor und kritisierte das „internationale Schweigen“angesichts der „Verbrechen“der syrischen Führung.
Neue Verhöre von Separatisten in Spanien
MADRID (dpa) - Nach wochenlanger Pause geht die Justiz in Spanien nun wieder mit Vernehmungen und Vorladungen gegen führende Separatisten der Konfliktregion Katalonien vor. Der frühere Regionalpräsident Artur Mas sagte am Dienstag vor dem zuständigen Richter am Obersten Gericht in Madrid, der vom Katalonien-Parlament im Oktober 2017 gebilligte Beschluss zur Loslösung von Spanien habe nur „symbolische Bedeutung“gehabt. Die für Mittwoch vorgeladene Sprecherin der kleinen linksradikalen Partei CUP, Anna Gabriel, hat sich inzwischen in die Schweiz abgesetzt.
Poroschenko unterschreibt umstrittenes Donbass-Gesetz
KIEW (dpa) - Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko hat ein umstrittenes Gesetz zu den abtrünnigen Gebieten im Osten des Landes unterschrieben. Wie angekündigt habe der Präsident die bereits im Januar vom Parlament mit deutlicher Mehrheit angenommene Novelle genehmigt, berichteten ukrainische Medien. Er hatte im vergangenen Jahr den Entwurf selbst im Parlament in Kiew eingebracht. Das Gesetz soll der Wiederherstellung der Souveränität über die von prorussischen Separatisten beherrschten Teile der Region Donbass dienen. Es stuft die Rebellengebiete als von Russland besetzt ein.
Abbas beantragt erneut UN-Vollmitgliedschaft
NEW YORK (dpa) - Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will im UN-Sicherheitsrat erneut die Vollmitgliedschaft Palästinas beantragen. Das kündigte Abbas in einer Rede im höchsten Gremium der Vereinten Nationen am Dienstag an. „Glauben Sie nicht, dass wir eine Vollmitgliedschaft verdienen?“, sagte Abbas. „Warum nicht?“Palästina werde als Staat bereits von 138 Ländern anerkannt. Die Anerkennung solle bei einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz Mitte des Jahres thematisiert werden. Bisher genießt Palästina wie auch der Vatikan lediglich den Status als Beobachterstaat.
Hunderttausende in Kongo-Provinz auf der Flucht
GENF (epd) - Die Gewalt im Südosten der Demokratischen Republik Kongo nimmt laut den UN immer schlimmere Ausmaße an. Die Zahl der Flüchtlinge aus der Provinz Tanganyika habe sich in rund einem Jahr fast verdoppelt, teilte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Dienstag in Genf mit. Inzwischen hätten 630 000 Menschen aus Tanganyika ihre Heimat verloren. Ende 2016 habe die Zahl noch bei 370 000 gelegen. Die Kinder, Frauen und Männer flüchteten vor unbeschreiblichen Gräueltaten, hieß es.