Musiker und Publikum haben Spaß an den Haydns
Werther Quartett bietet Musikgenuss in der Klinikapelle in Spaichingen
SPAICHINGEN - Mit einem begeisterten schwäbischen „Haydenai“in Anlehnung an den soeben zu Ende gegangenen Kammermusikabend mit zwei beeindruckenden Werken von Joseph und Michael Haydn hat Dr. Albrecht Dapp das Konzert in der Reihe „Kultur & Klinik“am Sonntagabend kommentiert. Denn die ausführenden Musiker des Werther Quartetts lieferten Hörgenuss und Augenweide zugleich.
Die beiden russischen MasterStudenten Alexey Fokin und Alexander Pilchen (beide Barockvioline) sowie die zwei spanischen Studentinnen Sara Gómez Yunta (Barockviola) und Candela Gómez Bonet (Barockcello) unterhielten an die 100 Klassik-Freunde in der Kapelle des Gesundheitszentrums mit einer grandiosen Streichquartett-Vorstellung.
Das Vierer-Team – alle vier sind Iris-Marquardt-Preisträger 2017 - hat sich der historischen Aufführungspraxis verschrieben. Das heißt, sie spielen Werke der klassischen Stilepoche auf historischen Instrumenten, die extra nach historischem Vorbild angefertigt wurden. So entstand durch die Darmsaiten auf den Barockinstrumenten (die oft gestimmt werden mussten) und das sparsam eingesetzte Vibrato ein für das Kennerohr ungewohntes Klangbild – leiser, etwas dumpfer und manchmal etwas schroffer.
Den Anfang macht Joseph Haydn mit dem Streichquartett g-Moll op. 20 Nr. 3. So gekonnt wie der Komponist mit den konträren Klangfarben gespielt hat, so impulsiv gibt das Ensemble die vier Sätze wieder: Der ANZEIGE zerklüftete erste Satz kommt fast atemlos-gehetzt mit erschreckend grellen Signal-Motiven daher, das Menuett in gedämpfter Melancholie.
Im Adagio-Satz brilliert Fokin mit der ersten Geige mit schwirrenden hohen Verzierungen, während sich das Cello von Candela Gómez in seinen Solopartien murmelnd dagegen setzt. So als wolle es den bizarren Kopfsatz nachträglich etwas dämpfen, führt das Finale das Werk leichtfüßig zu Ende. Die Zuhörer genießen es, wie die vier Musiker während des Spiels miteinander eifrig kommunizieren: Die beiden Spanierinnen lächeln sich immer wieder zu; die russischen Geiger halten es vor Spielfreude kaum auf ihren Stühlen aus.
Michael Haydn mit seinem Divertimento B-Dur (MH 316) folgt. Sechs kurze Sätze mit einem Eröffnungsmarsch und zwei Menuetten bilden sechs farbenfrohe Tupfer, die eher zur Kategorie Unterhaltungsmusik gehören. Die Instrumente dürfen jetzt tanzen und singen. Die vier Musiker scheinen jeden Satz je nach dessen Charakter regelrecht zu zelebrieren. Ihre Körpersprache zeigt, dass sie damit eine Menge Spaß haben. Und das Publikum hat nicht weniger Freude am jugendlichschwungvollen Spiel des Werther Quartetts.
Zum Schluss will die Cellistin wissen, ob Joseph oder dessen jüngerer Bruder Michael das Rennen um die Gunst des Publikums im Saal gewonnen habe. Der Sieger heißt Michael. So gibt’s als Zugabe ein weiteres spritziges Divertimento von Michael Haydn. Und wieder reizen die vier Künstler die Dynamik des Werkes bis zum Letzten aus, um die applausfreudigen Zuhörer zu belohnen.