Trumps drastischer Vorstoß ruft viel Kritik hervor
Beim Treffen mit Überlebenden des Schulmassakers von Florida macht der US-Präsident den Vorschlag, Lehrer zu bewaffnen
WASHINGTON - Während einer hochemotionalen Gesprächsrunde mit Überlebenden des Schulmassakers von Florida hat US-Präsident Donald Trump einen drastischen Vorschlag lanciert: Ein Teil der Lehrer sollten mit Waffen ausgerüstet werden. Sie sollten die Waffen versteckt am Körper tragen und könnten so seinen Angriff „sehr schnell“beenden, sagte Trump bei dem Treffen im Weißen Haus. Sein Vorstoß löste viel Kritik aus, unter anderem in der USLehrerschaft. Spickzettel: „Ich höre euch“Trump hält bei der Geprächsrunde einen Spickzettel in der Hand. „I hear you“, „Ich höre euch“, ist ganz unten auf dem Zettel zu lesen. Offenbar eine Gedächtnisstütze. Der Präsident, der es nach vorangegangenen Tragödien bisweilen an Empathie fehlen ließ, soll zu keiner Zeit vergessen, worum es geht. Trump scheint denn auch sichtlich bewegt, als Andrew Pollack ein Mikrofon in die Hand nimmt und mit immer lauter werdender Stimme schildert, wie er sich fühlt nach dem Tod seiner 18-jährigen Tochter Meadow. Schon nach der ersten Schießerei an einer Schule hätte man das Problem in den Griff kriegen müssen, sagt Pollack. „Ich bin stinksauer. Meine Tochter werde ich nicht wiedersehen. Auf dem King-David-Friedhof, dort kann ich mein Kind jetzt sehen.“
Leidensgeschichte folgt auf Leidensgeschichte, nur beschränkt sich Trump nicht aufs Zuhören. Seine Vorschläge klingen wie die Empfehlungen, wie sie die Waffenlobby seit dem Massenmord an der Sandy-HookGrundschule im Dezember 2012 immer wieder in die Debatte wirft. Wären zumindest einige Lehrer der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland bewaffnet gewesen, suggeriert der Präsident, hätte man heute vielleicht weniger Tote zu beklagen. Wenn Schulen schusswaffenfreie Zonen blieben, bedeute dies aus der Sicht von Wahnsinnigen: „Lasst uns angreifen, denn es fliegen keine Kugeln zurück.“
Ashley Kurth, eine Lehrerin der überfallenen High School, widerspricht. Auf dem Höhepunkt der Panik hat sie 65 Teenager in ein Klassenzimmer gelotst, die Tür verrammelt und das Licht ausgeschaltet. Als sie bei einem von CNN organisierten Bürgerforum vorgestellt wird, feiert das Publikum die untersetzte Frau mit stehenden Ovationen. Sie habe Trump gewählt, sie sei Republikanerin, sie unterstütze den zweiten Verfassungszusatz, der privaten Waffenbesitz garantiere, skizziert Kurth, wo sie politisch steht. Aber Lehrer Pistolen tragen zu lassen? Ob sie in Zukunft nicht nur unterrichten, sondern auch noch eine Spezialausbildung durchlaufen müsse, um Schüler zu beschützen, will sie wissen. „Soll ich etwa eine kugelsichere Weste tragen? Soll ich mir etwa eine Kanone ans Bein binden oder in meine SchreibtischSchublade legen?“
Trumps Vorschlag gehe von völlig unrealistischen Szenarien aus, warnt Randi Weingarten, die Vorsitzende der amerikanischen Lehrer-Vereinigung. Denn von den Pädagogen erwarte man eine Geistesgegenwart, zu der die meisten Menschen mitten im Chaos nicht fähig seien. In einer solchen Situation den Revolver finden, mit ruhiger Hand anzulegen und mit die Treffsicherheit eines Scharfschützen zu zeigen – das funktioniere im Film, aber nicht im realen Leben.