Pädophiler Ex-Priester muss in Psychiatrie
Achteinhalb Jahre Haft angeordnet – Zuvor auf unbestimmte Zeit in Fachklinik
DEGGENDORF (dpa) - Im Missbrauchsprozess gegen einen ehemaligen Priester hat das Landgericht Deggendorf den Angeklagten am Donnerstag zu acht Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Der 53-Jährige wird zunächst auf unbestimmte Zeit in der Psychiatrie untergebracht. Die Frage nach einer anschließenden Sicherungsverwahrung hänge von einem möglichen Therapieerfolg ab, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Trautwein.
Eine Behandlung des Mannes werde zwar „viele, viele“Jahre dauern und ein Erfolg sei zweifelhaft, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Trautwein. Ausgeschlossen sei ein Therapieerfolg aber nicht.
Der Richter sagte, für die Opfer ende die Schädigung auch mit dem Ende des Prozesses nicht, die Aufarbeitung erstrecke sich über Jahrzehnte. Der Angeklagte habe Kinderseelen zerstört. Der Ex-Priester verfolgte die Urteilsverkündung äußerlich regungslos.
Positiv rechnete die Jugendkammer dem Angeklagten an, dass er die Taten vollumfänglich eingeräumt habe – wenn auch spät und erst unter dem Eindruck der Aussage eines der Opfer. „Offenkundig sieht er das Unrecht seiner Taten jetzt ein, unter Umständen zum ersten Mal in seinem Leben.“Der Angeklagte sei zudem therapiewillig. Durch das Geständnis habe er sich letztlich die Möglichkeit eröffnet, irgendwann doch wieder in Freiheit zu kommen, begründete der Richter die Entscheidung, die Sicherungsverwahrung vorzubehalten.
Mit dem Geständnis habe der Angeklagte den Zeugen Entlastung verschafft und vor allem den heute noch jugendlichen Opfern eine Retraumatisierung durch eine Aussage vor Gericht erspart. Nach Überzeugung des Gerichtes hat der aus Wuppertal stammende Mann seit Mitte der 1990er-Jahre fünf Buben bei mehr als 100 Gelegenheiten sexuell missbraucht. Die Taten sollen vor allem im Raum Mainz und im Landkreis Deggendorf geschehen sein.
Bereits von 2003 bis 2009 saß der Angeklagte nach einem Urteil des Landgerichtes in Karlsruhe wegen Sexualstraftaten für fünfeinhalb Jahre in Haft. 2008 war er nach einem kirchengerichtlichen Urteil in Freiburg aus dem Priesterstand entlassen worden. Er gab sich anschließend jedoch wieder als Priester aus. Vertrauen und Macht ausgenutzt Der Mann sei immer wieder nach der Methode des sogenannten Groomings vorgegangen, sagte der Richter. Er habe Kontakt zu strenggläubigen, frömmelnden Familien gesucht, bei denen die Vaterfigur fehlte oder schwach war und die Mutter überfordert war. Dort habe sich der Mann eingenistet, die Erzieherrolle übernommen und bei den Kindern im Zimmer schlafen dürfen. Das habe es dem ehemaligen Priester ermöglicht, die Straftaten überhaupt zu begehen, und den Opfern sei es praktisch unmöglich gewesen, sich ihm zu entziehen. „Das waren grauenvolle Zustände für die Kinder.“
Der Angeklagte habe das in ihn gesetzte Vertrauen und seine Machtposition ausgenutzt, und das über einen langen Zeitraum und bei einer Vielzahl von Opfern. „Pädophilie ist nicht heilbar, man kann bestenfalls daran arbeiten, sich in den Griff zu bekommen“, sagte der Richter. Das habe der Angeklagte bislang nicht getan.
Mehrfach verwies Trautwein auf das Gutachten der Sachverständigen, nach dem sich das Geschehen wie ein „roter Faden“durch das Leben des Angeklagten ziehe. In seinem jetzigen Zustand sei der Angeklagte „ein Mann, vor dem Kinder zu schützen sind“. Ein Therapieerfolg sei nicht wahrscheinlich, aber auch nicht auszuschließen. Deswegen komme der 53-Jährige zunächst unbefristet in die Psychiatrie. Bei erfolgreicher Behandlung muss er anschließend die Haftstrafe antreten. Diese wird mit den Jahren in der Psychiatrie verrechnet. Anderenfalls kann die Sicherungsverwahrung angeordnet werden.
Zwei der Opfer, die in dem Prozess als Nebenkläger auftraten, waren nach dem Urteil erleichtert. Es sei wichtig gewesen, den Prozess zu verfolgen, zu verstehen, wie der Angeklagte ticke – und das jahrelange Schweigen brechen zu können, sagte einer der jungen Männer.