„Ihr sollt fies sein, nicht dauernd grinsen!“
Ballettlehrerin Jelena Krein meistert den Spagat zwischen Spaß und Disziplin
SPAICHINGEN - Die Kinder der Ballettschule Arabesque in Spaichingen bereiten sich mit ihrer Trainerin Jelena Krein auf den großen Auftritt am Wochenende vor. Aufgeführt wird die „Schneekönigin“, ein Stück aus Musik, Tanz und Schauspiel. All das will geübt werden. Ein Trainingsbesuch.
Es sind zwei Szenen, die die Arbeit von Jelena Krein beim Training exemplarisch beschreiben: In der einen steht sie lachend in der Ecke des Raums. Im großen Spiegel hinter ihr strahlen die Gesichter von sieben genauso lachenden Mädchen zurück. Die Acht- bis Neunjährigen scharen sich um ihre Trainerin, erzählen Geschichten aus der Schule, vom Klavierunterricht oder von Zuhause. Jelena Krein hört zu, spricht mit.
In der anderen Szene steht die 43Jährige in der Mitte, mit dem Rücken zum Spiegel. Vor ihr üben die Mädchen eine Choreographie für den großen Auftritt am Samstag. Mit anmutigen Bewegungen tanzen sie durch den Raum, strecken die Arme, schwingen die Beine. Doch ihre Trainerin ist nicht zufrieden. „Wo ist eure Mitte? Die Linie stimmt nicht!“ruft sie mit streng erhobener Stimme. Die Mädchen nicken. Jetzt herrscht Disziplin. Disziplin muss sein „Wir sind hier alle zum Spaß“, sagt Jelena Krein, „aber auch wenn wir mal Quatsch machen, Disziplin gehört beim Ballett einfach dazu.“Sechs Gruppen, nach Alter gestuft, unterrichtet sie in ihrer Schule in der Goethestraße. Die Jüngsten in der
„Die Kinder lernen, präsent zu sein.“
Trainerin Jelena Krein über die Vorteile des Ballettunterrichts Vorstufe sind fünf Jahre alt. In Stufe 7 sind junge Frauen ab 17 Jahren. Sie alle machen bei den regelmäßigen Auftritten mit. Mal werden Stücke wie der „Nussknacker“oder die „Schneekönigin“gespielt, manchmal geht es rein um den Tanz und die Musik.
„Wir bilden hier keine Profis aus. Jeder kann mitmachen“, sagt Krein. Ballett, das sei etwas, das im Leben nützlich sein könne. „Sie lernen etwas über Bewegung, Körperhaltung, räumliches Denken, Schauspiel, Musik und Disziplin. Es ist einfach auch gesund.“Eins aber ist Krein besonders wichtig: „Die Kinder lernen, präsent zu sein. Die Schüchternheit geht weg.“Das helfe in der Schule und bei Vorträgen. „Außerdem lieben sie alle irgendwann die Bühne.“Das Publikum, den Geruch, die Kostüme.
Wenn Jelena Krein über die Bühne spricht, dann klingt ein bisschen Wehmut mit. Sie selbst hat Ballett in Russland gelernt. In einer Schule im Heimatort Ufa, die gleichzeitig eine Ballettschule war, übte sie jeden Tag. Im Kindergarten hatte eine Lehrerin sie entdeckt und die Eltern überzeugt: Das Mädchen hat Talent. „In Russland war es sehr streng, kein Vergleich zu Deutschland“, sagt sie. Jedes Wochenende gab es zwei Auftritte, Krein wurde zum Profi. Als sie 1995 im Alter von 20 Jahren nach Deutschland kam, musste sie ihren Traum vom Tanzen aber aufgeben. Sie wurde schwanger, andere Dinge standen jetzt im Vordergrund. Darauf folgte die Karriere als Trainierin.
Erst als Angestellte in Möhringen, seit zwölf Jahren als Selbstständige in ihrer eigenen Ballettschule in Spaichingen. Wenig Zeit, viel Lust Für die Mädchen im Training ist Ballett nicht alles. Tabea, Anna, Elly, Belen, Amelie, Juliane und Andelina haben einen vollen Kalender. Klavier, Turnen, Tennis und die Schule brauchen Zeit und Engagement. Nur einmal die Woche kommen sie deshalb in die Ballettschule. Anna und Belen, weil sie einmal einen Ballettfilm gesehen haben und auch so schön tanzen wollten. Die anderen, weil Mutter oder Schwester sie zum Ballett gebracht haben.
Mit den anderen Sportarten und der Musik verträgt sich Ballett gut, sagt Krein, aber: „Ich kann kaum glauben, wie viel Schule die Kinder heute haben. Sie werden überfordert.“Seit dem G8 sei es noch auffälliger als früher.
Jedes Jahr muss sie ihre Stundenpläne anpassen, immer wieder haben Kinder keine Zeit.
Aber auch wenn es an der Zeit mangelt, die Lust ist den Mädchen anzumerken.
Sie lachen nicht nur zwischen, auch mal bei den Tänzen. „Ihr sollt fies sein, nicht dauernd grinsen“, ruft Krein, als die Kinder einen Tanz proben, bei dem sie wild mit ihren „Krallen“fuchteln sollen.
Gleich danach muss die Trainerin selbst ein bisschen lächeln.