Bund bereit zu punktuellen Fahrverboten
Vor Leipziger Urteil werden Ministeriumspläne für Diesel-Beschränkungen bekannt
BERLIN - Nach jahrelangem Streit ist die Bundesregierung zu neuen Fahrbeschränkungen für Dieselautos bereit, um die Luft in deutschen Städten sauberer zu machen. Kurz vor einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wurden am Wochenende Vorbereitungen des Verkehrsministeriums für mögliche „streckenbezogene Verkehrsverbote oder -beschränkungen“bekannt. Sie zielen aber nur auf besonders belastete Straßen – nicht auf größere Innenstadtbereiche.
Umweltschützer und die Grünen kritisierten den überraschenden Vorstoß. Sie verlangen weiter eine bundesweite „blaue Plakette“, mit der generell nur saubere Diesel in bestimmte Stadtgebiete fahren könnten. Novelle noch in diesem Jahr Geplant ist eine neue Rechtsgrundlage in der Straßenverkehrsordnung (StVO), wie der Parlamentarische Verkehrs-Staatssekretär Norbert Barthle (CDU) auf eine Frage des Grünen-Abgeordneten Matthias Gastel antwortete. Damit könnten bei andauernden Grenzwertüberschreitungen etwa Verbote oder Einschränkungen für einzelne Straßen angeordnet werden, heißt es in der Antwort. Ziel sei der „Schutz der menschlichen Gesundheit vor Feinstaub oder Abgasen (Stickstoffdioxid)“. Die Regelung könne schon in eine StVO-Novelle einfließen, die in diesem Jahr abgeschlossen werden solle.
Das Verkehrsministerium betonte am Wochenende, Ziel bleibe es, pauschale „Fahrverbote zu vermeiden“. Es gehe um Regeln für eine „gezielte Verkehrslenkung“, wie sie die Regierung angesichts einer drohenden Klage der EU-Kommission wegen zu schmutziger Luft angekündigt hatte.
So sollen Städten – falls nötig – „Verkehrsvorschriften auf bestimmten Straßen“nach einheitlichen Kriterien ermöglicht werden. Dies ziele vor allem auf Lösungen, Verkehr etwa durch „Steuerungs- und Anzeigesysteme“um hochbelastete Bereiche umzuleiten. Wie das genau aussehen könnte, soll mit Ländern und Kommunen geprüft werden.
Um Diesel-Beschränkungen geht es auch am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das an diesem Dienstag ein mit Spannung erwartetes Urteil zu Fahrverboten verkünden will. Zentral ist die Frage, ob Städte Verbote nach geltendem Recht eigenmächtig anordnen können – oder ob es neue, bundeseinheitliche Regeln geben muss. Konkret wird über eine Revision Baden-Württembergs und Nordrhein-Westfalens gegen Urteile der Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf verhandelt. Diese hatten die Behörden verpflichtet, Luftreinhaltepläne zu verschärfen, damit Schadstoffgrenzwerte möglichst schnell eingehalten werden.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die unter anderem für einen besseren Gesundheitsschutz in diesen beiden Städten geklagt hatte, kritisierte den Vorstoß der Regierung als Bankrotterklärung. „Unmittelbar vor der drohenden Verurteilung kündigt man jetzt panisch an, doch eventuell eine entsprechende Regelung machen zu wollen“, sagte DUHChef Jürgen Resch der dpa. „Es ist der Versuch, das Gericht zu beeinflussen.“ Flickenteppich befürchtet Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) reagierte ablehnend auf die neuen Pläne aus Berlin. „Nun soll der Schwarze Peter wieder den Kommunen zugeschoben werden. Städte und Gemeinden wären rein administrativ nicht in der Lage, die mit dieser Neuregelung verbundenen Aufgaben in absehbarer Zeit zu stemmen“, sagte DStGBHauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Schwäbischen Zeitung“. „Ein Flickenteppich an unterschiedlichen Lösungen würde nicht nur für die Verwaltungen in den Kommunen, sondern vor allem auch für die Verkehrsteilnehmer eine unzumutbare Belastung darstellen“, sagte er. Zudem sei völlig unklar, wie die Einhaltung kontrolliert werden solle.
Kirchenführer schließen Grabeskirche aus Protest
JERUSALEM (dpa/AFP) - Aus Protest gegen ein Gesetzesvorhaben und Steuerforderungen Israels haben Kirchenoberhäupter die Grabeskirche in Jerusalem bis auf weiteres geschlossen. Das weltberühmte Gotteshaus gilt als heiligste Stätte des Christentums. In einem gemeinsamen Schreiben der katholischen, der griechisch-orthodoxen und der armenischen Kirche war am Sonntag die Rede von einer „systematischen Kampagne gegen die Kirchen und die christliche Gemeinde im Heiligen Land“. Der Protest wendet sich gegen einen Gesetzesentwurf, der dem Staat die Enteignung von Grundstücken ermöglichen soll, die die Kirche seit 2010 an Investoren verkauft hat.
Erdogan weist weinendes Mädchen zurecht
ISTANBUL (dpa) - Eine Rede, bei der der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ein weinendes Mädchen in Soldatenuniform zurechtweist, hat für Aufregung gesorgt. Erdogan hatte bei einer Veranstaltung in der Provinz Kahramanmaras das Mädchen aus dem Publikum auf die Bühne geholt und ermahnte sie, dass Soldaten nicht weinten. Er küsste das Kind auf die Wange, tätschelte es und sagte an die Menge gerichtet: „Wenn es als Märtyrer fällt, werden sie es auch – so Gott will – mit der Fahne zudecken. Es ist alles bereit“. Dann beugte Erdogan sich zu dem Mädchen und sagte: „Nicht?“, küsste es erneut und schickte es von der Bühne. Der Sarg gefallener Soldaten wird beim Begräbnis mit einer türkischen Flagge bedeckt.
Gedenken an ermordeten Oppositionsführer in Moskau
MOSKAU (dpa) - Mehrere Tausend russische Regierungskritiker haben am Sonntag an den vor drei Jahren ermordeteten Oppositionsführer Boris Nemzow erinnert. Der größte Gedenkmarsch fand in Moskau statt und stand zugleich im Zeichen der Präsidentenwahl am 18. März. Die Teilnehmer riefen „Dies ist unser Land“und nannten Präsident Wladimir Putin einen Dieb. Die Oppositionskandidaten Xenia Sobtschak und Grigori Jawlinski liefen ebenso im Demonstrationszug mit wie der nicht zur Wahl zugelassene Anti-Korruptions-Aktivist Alexej Nawalny. Die Polizei schätzte den Zug auf etwa 4500 Menschen.