Pragmatismus nutzt allen
Bislang musste man Theresa May für eine Gefangene der Brexit-Hardliner in ihrer eigenen Partei halten. Wie diese interpretierte die britische Premierministerin das knappe Ergebnis der Volksabstimmung im Juni 2016 als Mandat für den härtesten Bruch mit Brüssel: Austritt aus Binnenmarkt und Zollunion, Ende der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, Aufbruch ins Nirwana neuer Handelsverträge.
Nun hat die Konservative eine Kursänderung vorgenommen, diese zudem in deutlich konzilianterem Ton als bisher vorgetragen. Vom nebulösen „globalen Britannien“war nicht mehr die Rede; stattdessen räumte die Engländerin ein, der Zugang zum Binnenmarkt werde unter der Austrittsentscheidung leiden.
Der neue Londoner Realismus ist willkommen, geht aber nicht weit genug. Warum die Konservativen eine Zollunion mit der EU ausschließen, wie sie neuerdings von Labour gefordert wird, ließ May offen. Dabei ließe sich dadurch das Problem der Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der Republik im Süden weitgehend lösen.
Immerhin hat die Premierministerin den ersten Schritt gemacht auf dem Weg zu einem pragmatischen Nebeneinander, an dem alle EU-Partner, nicht zuletzt Deutschland, hohes Interesse haben müssen. politik@schwaebische.de