Mickrige Alternativen für umrüstungswillige Dieselfahrer
Wer den Selbstzünder umbauen lassen will, muss mit hohen Kosten rechnen
Schwierige Zeiten für Dieselbesitzer: Drohende Fahrverbote und Diskussionen um ein Ende der Steuerprivilegien für Dieselkraftstoff sorgen für Unsicherheit. Gestritten wird zudem darum, Motoren der EU-Norm 5 mithilfe der AdBlue-Technik so nachzurüsten, dass sie weniger Schadstoffe ausstoßen. Die notwendigen Eingriffe dafür seien entweder nicht realisierbar oder zu aufwendig, nicht erprobt und erhöhten den Benzinverbrauch, behauptet die Automobilindustrie. Der ADAC und das baden-württembergische Verkehrsministerium haben dem in der vergangenen Woche widersprochen. Sie legten eine Studie vor. Demnach sind Nachrüstungen relativ unkompliziert und können den Schadstoffausstoß deutlich senken. Doch welche weiteren Umrüstungsund Kaufalternativen gibt es heute oder in Zukunft für Dieselfahrer, die nicht auf Benziner oder Hybride umsteigen wollen? Wir haben Experten befragt – mit teils ernüchternden Ergebnissen.
„Die Zukunftsperspektiven für den Diesel sind nicht besonders gut, die Möglichkeiten zur Umrüstung sind begrenzt und schon gar nicht günstig“, sagt Manfred Fischedick, Energie- und Klimaforscher und Vizepräsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Aus einem Diesel lasse sich ohne immensen Kostenaufwand nun mal kein Elektro-, Erdgas- oder Wasserstofffahrzeug machen.
Dürftiges Tankstellennetz Etwas anders sieht das Thomas Korn, Geschäftsführer des bayerischen Start-ups Keyou, das Fahrzeuge von Diesel auf Wasserstoff umrüstet. Energiedichte, Kosten, Reichweite, Alltagstauglichkeit und Ökobilanz sprächen eindeutig für den emissionsfreien Wasserstoffverbrenner. Momentan konzentriere man sich aber auf Nutzfahrzeuge. „Aufgrund der zentralen Depotbetankung bei Flottenbetreibern und Verkehrsbetrieben sind wir hier nicht auf ein flächendeckendes Tankstellennetz angewiesen“, sagt Korn – und benennt damit auch das größte Problem für Pkw mit Brennstoffzellen, die einige Hersteller mittlerweile anbieten.
Deren Vorteile gegenüber Elektroautos liegen in der bisher deutlich höheren Reichweite von mehr als 500 Kilometern sowie im nur wenige Minuten dauernden Tankvorgang. Allerdings muss man erst einmal eine Tankstelle finden. „Die Zahl der Wasserstofftankstellen im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW liegt aktuell bei fünf“, sagt Fischedick. Aber nicht nur die fehlende Infrastruktur, sondern auch der Preis von Brennstoffzellenautos ist eine hohe Hürde. So kostet etwa ein Toyota Mirai mindestens das Doppelte im Vergleich mit Elektroautos wie VW E-Golf, Kia Soul EV oder Renault Zoe. „Ein Massenmarkt ist das bisher noch nicht“, sagt Fischedick, der aktuell vielmehr „eine zunehmende Dynamik im Bereich der klassischen Elektrofahrzeuge“erkennt. Dank neuer Modelle mit einer höheren Reichweite sei dieser bisher signifikante Vorteil der Wasserstofffahrzeuge nicht mehr so deutlich ausgeprägt.
Niedrige Abgasemissionen Reinhard Kolke, Leiter Test und Technik beim ADAC, wiederum hält Erdgasfahrzeuge für „extrem attraktiv“: „Es gibt eine lange Verfügbarkeit von Erdgas, und wir haben einen sehr sparsamen Verbrauch und extrem niedrige Abgasemissionen.“Zudem könnten skeptische Käufer mit Reichweitenangst auf Fahrzeuge wie beispielsweise den VW Passat 1.4 TSI Ecofuel zurückgreifen, der dank seines zusätzlichen Benzintanks neben 400 Erdgaskilometern noch einmal so viele mit Sprit schaffe.
Etwas anders sieht es bei Flüssiggas (LPG) aus. „LPG ist ein attraktiver Kraftstoff für Benzinmotoren, die teilweise auf LPG umgerüstet werden können“, sagt Kolke. „Allerdings läuft dessen steuerliche Förderung Ende 2022 aus.“Die Umrüstung eines Dieselmotors sei zwar theoretisch möglich, wirtschaftlich und ökologisch aber nicht sinnvoll.
Ob Wasserstoff, Strom oder Gas – schmerzlich ins Geld ginge eine Anschaffung eines entsprechenden Neufahrzeugs als Ersatz für einen Diesel auf jeden Fall. So könnte manch einer stattdessen eine Umrüstung auf Erdgas oder Pflanzenöl in Betracht ziehen. Eine Umrüstung auf Erdgas wäre mit hohem Aufwand verbunden und würde wohl bis zu 5000 Euro kosten. Zudem würde die Herstellergarantie auf den Motor erlöschen – was bei einer Umrüstung auf Pflanzenöl ähnlich wäre. Im Übrigen sind moderne Diesel – im Gegensatz zu älteren – kaum noch geeignet, Pflanzenöl zu verbrennen.
Probleme mit der Besteuerung Auch Holger Heinicke sieht darin „derzeit keine Alternative mehr“. Seine Firma HeiPro hatte sich in der Vergangenheit auf die Umrüstung von Diesel-Pkw spezialisiert, baut heute aber Maschinen wie Generatoren oder Wasserpumpen um. Er beklagt die seit 2013 geltende, neue Besteuerung des Pflanzenöl-Treibstoffs, die eine Umrüstung wirtschaftlich kaum noch sinnvoll erscheinen lasse.