„Frauen sind der Schlüssel für die Integration“
Annette Widmann-Mauz, die künftige Staatsministerin für Integration, will geflüchtete Frauen stärken
ULM - Mehr Frauen in Führungspositionen, gerechtere Löhne in den Pflegeberufen und die Stärkung geflüchteter Frauen mit dem Ziel der Gleichberechtigung: Die Bundestagsabgeordnete Annette Widmann-Mauz (51, CDU), noch Parlamentarische Staatssekretärin und designierte Staatsministerin für Integration, sieht für das künftige Bundeskabinett erheblichen Handlungsbedarf. Im Gespräch mit Hendrik Groth und Ludger Möllers skizzierte die Bundesvorsitzende der Frauen Union der CDU anlässlich des Weltfrauentags am heutigen Donnerstag ihre Vorstellungen. Frau Widmann-Mauz, ist der Weltfrauentag eigentlich noch aktuell? Der Weltfrauentag bringt die Situation der Gleichstellung von Frauen auf die Tagesordnung. Das ist notwendig, denn wir haben nach wie vor Ungleichgewichte. Zum Beispiel bei der Bezahlung. Das wird dann auch in den sozialen Sicherungssystemen sichtbar. Deshalb ist es notwendig, dass wir frühzeitig tätig werden, zum Beispiel bei den sozialen Berufen. Und wo besteht Nachholbedarf? Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft, in der Gesellschaft und in den Medien. Wenn ich an die „Me-too“-Debatte denke, dann sind wir mit dem Schwerpunkt Schutz vor Gewalt auf dem richtigen Weg. Wo sehen Sie Handlungsfelder? Begonnene Maßnahmen müssen wir konsequent weiterverfolgen. Ich denke zum Beispiel an das Thema Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft. Wir haben dort erstmals Quoten für Aufsichtsräte von börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen eingeführt. Wo es keine festen Quoten gibt, wie in den Vorstandsbereichen, tun wir uns teilweise sehr schwer, Akzeptanz für die entsprechenden Meldepflichten zu erreichen. Es gibt Unternehmen, die sich überhaupt keine Zielvorgaben geben. Wieso tun schwer? Das ist eigentlich sehr verwunderlich, weil Unternehmen mit einem ausgewogeneren Verhältnis in ihrer Beschäftigtenstruktur bessere Erfolge erzielen. Sie sind näher an den Kunden, sind näher am Markt. Und sie können die Vielfalt der Talente besser einsetzen. sich Unternehmen Bleibt es bei warmen Worten? Wir haben Sanktionen vereinbart, dass diese Meldepflichten auch eingehalten werden müssen. Und wir werden beim Thema Entgeltgleichheit darauf achten, wie die neuen Auskunftsrechte umgesetzt werden. Wir werden Mitte 2019 Bilanz ziehen und sehen, ob Weiterungen notwendig sind. Wo beginnen Sie? Erste ganz konkrete Schritte haben wir jetzt für die Sozial- und für die Gesundheitsberufe vereinbart. Wir werden tarifliche Strukturen stärken, zum Beispiel in der Pflege. In der Altenpflege gibt es keinen flächendeckend gültigen Tarif. Wir brauchen aber eine durchgängige Tarifbezahlung zusammen mit den kirchlichen Entgeltordnungen als Voraussetzung für attraktive Beschäftigungsverhältnisse und faire Entlohnung. Lassen Sie uns über Ihr neues Amt reden: Staatsministerin für Integration. Was werden Sie tun, damit geflüchtete Frauen an der Gleichberechtigung teilhaben? In dieser Legislaturperiode haben wir, neben der Stärkung der Familie, einen Schwerpunkt gelegt auf Prävention und Unterstützung von Gewalt betroffener Frauen und Kinder und der Verbesserung der Hilfs- strukturen. Mit einem Aktionsplan wollen wir den Schutz von Frauen gewährleisten, bis hin zur besseren Finanzierung von Frauenhäusern. Nochmals genauer: Was wollen Sie für geflüchtete Frauen tun? Wir müssen diejenigen, die zu uns kommen und Gewalterfahrung mitbringen, besonders in den Blick nehmen. Das ist ja eine besonders verwundbare Gruppe. Diese Frauen fassen sehr schwer Vertrauen in ihre Umgebung. Wir haben für sie bereits Erstunterbringungen mit spezifischer und therapeutischer Beratung. Bundesweit entwickelte Standards zum Gewaltschutz in Einrichtungen sollten überall vor Ort umgesetzt werden. Was erwarten Sie von den Kommunen, die die Unterkünfte betreiben? Es braucht eine höhere Sensibilität bei der Unterbringung von Geflüchteten. Man muss sensibel darauf achten, wer da eigentlich zusammenkommt und wie Konflikte vermieden werden können. Hier sind wir schon einen deutlichen Schritt vorangekommen. Welche Rolle spielen Frauen für die Integration der Geflüchteten? Frauen beziehungsweise Mütter sind eine ganz wichtige Zielgruppe. Sie sind der Schlüssel für die Integration der gesamten Familie. Und wenn wir die Frauen nicht erreichen? Wenn die Mütter nicht sprachlich integriert sind, können sie ihre Kinder nicht gut auf dem Bildungsweg begleiten. Versäumtes später wieder aufzuholen, ist dann um ein Vielfaches schwieriger. Der Bund hat in der Vergangenheit bereits Angebote mit Migrationspatenschaften und Elternschulung entwickelt. Nun kommen viele Frauen aus Kulturen, in denen die Gleichberechtigung von Mann und Frau weitgehend unbekannt ist. Wir müssen Frauen stark machen. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sie sich auch in dieser emanzipierten Gesellschaft zurechtfinden. In Deutschland hat sowohl Gleichberechtigung als auch der Schutz der Familie einen hohen Stellenwert und wird vom Grundgesetz geschützt. Wenn wir das deutlich machen, können wir manche Vorbehalte abbauen. Zugleich müssen wir die Akzeptanz für Menschen mit anderem religiösen Hintergrund in unserem Land aufrechterhalten. Unterschiedliche religiöse Gruppen dürfen sich nicht als Bedrohung empfinden, sonst ist der Zusammenhalt dauerhaft gefährdet. Müsste man beim Thema Gleichberechtigung nicht auch bei jungen Männern ansetzen? Gleichberechtigung funktioniert nicht, wenn man sich nur ein Geschlecht anschaut, man braucht beide dazu. Und wenn wir mal ehrlich sind, war das ja in unserer eigenen Entwicklung im letzten Jahrhundert, in den 1960er-, 1970er-Jahren, auch nicht anders. Da war auch nicht jedermann gleich begeistert, als seine Frau zu ihm sagte: „Ich will jetzt arbeiten gehen, mein eigenes Geld verdienen, am besten auch mein eigenes Konto haben.“Es dauerte auch bei uns eine lange Zeit, bis sich diese gleichberechtigte Vorstellung durchsetzte. Zurück zu den geflüchteten Männern: Was tun Sie für diese Gruppe? Natürlich braucht es auch die Arbeit mit den Männern. Die Integrationsund Orientierungskurse sind da ein ganz wichtiger Punkt. Wir vermitteln damit nicht nur erste Sprachkompetenz, sondern Wissen über unsere Lebensweise, unsere Geschichte und die demokratischen Grundregeln. Wer soll diese Gespräche führen? Gleichberechtigung muss man auch vorgelebt bekommen. Die Zivilgesellschaft, das Ehrenamt, Asylkreise oder Familien, durch die das vorgelebt wird, spielen eine ganz wichtige Rolle. Ein gleichberechtigter Umgang schließt die Achtung vor dem anderen Geschlecht ein.
Brüssel bietet London nur Handelsabkommen an
LUXEMBURG (dpa) - Die Europäische Union bietet Großbritannien nach dem Brexit viel weniger enge Wirtschaftsbeziehungen als gewünscht. Da das Land nach dem EU-Austritt 2019 auch den Binnenmarkt und die Zollunion verlassen wolle, sei nicht mehr als ein Handelsabkommen möglich, sagte EURatspräsident Donald Tusk am Mittwoch in Luxemburg. Das EUParlament will diese Position nächste Woche unterstützen. Sie bedeutet eine Absage an Vorschläge der britischen Regierung. Premierministerin Theresa May hatte am Freitag eine beispiellose und besonders tiefe künftige Partnerschaft vorgeschlagen.
Vietnam plant Friedenspark zur Erinnerung an Massaker
HANOI (dpa) - Zur Erinnerung an ein Massaker der US-Truppen im Vietnamkrieg soll in dem vietnamesischen Dorf My Lai ein Friedenspark entstehen. Dies kündigten die Behörden des kommunistischen Einparteienstaats wenige Tage vor dem 50. Jahrestag des Massakers am Mittwoch an. In My Lai – einem Dorf in der mittelvietnamesischen Provinz Quang Ngai – hatten amerikanische Soldaten am 16. März 1968 mehr als 500 Menschen getötet. Das Massaker gilt als einer der Wendepunkte im Vietnamkrieg.
UN: Nach wie vor „ethnische Säuberungen“in Myanmar
NEW YORK (dpa) - In Myanmar gehen nach Darstellung der Vereinten Nationen nach wie vor „ethnische Säuberungen“der muslimischen Rohingya-Minderheit weiter. „Es erscheint so, als ob es nach wie vor weit verbreitete und systematische Gewalt gegen die Rohingya gibt“, sagte der stellvertretende UN-Generalsekretär für Menschenrechte, Andrew Gilmour, am Dienstag (Ortszeit) in New York nach einem viertägigen Besuch in der Region.
Staat verklagt Kalifornien wegen Migrationsgesetzen
WASHINGTON (dpa) - Die Regierung von US-Präsident Donald Trump geht wegen mehrerer Einwanderungsgesetze gerichtlich gegen den Bundesstaat Kalifornien vor. Das Justizministerium reichte eine Klage gegen die kalifornische Regierung ein, wie aus Gerichtsunterlagen hervorging. Es argumentiert darin, dass Kalifornien mit drei vor Kurzem erlassenen Gesetzen die Arbeit der Einwanderungsbehörden absichtlich behindere und die öffentliche Sicherheit gefährde. Eines der kalifornischen Gesetze verbietet es Arbeitgebern, Vertretern der Einwanderungsbehörde Zugriff auf Mitarbeiterdaten zu geben, wenn kein Gerichtsbeschluss vorliegt. Der Bundesstaat ist Trumps Regierung wegen seiner einwanderungsfreundlichen Politik seit Längerem ein Dorn im Auge.