Mehr Soldaten nach Afghanistan und Mali
In der letzten Kabinettssitzung bringt die Bundesregierung die umstrittene Truppenaufstockung auf den Weg
BERLIN - In letzter Minute hat die noch amtierende Bundesregierung mehrere Auslandseinsätze der Bundeswehr verlängert. Besonders umstritten ist die Verlängerung des Afghanistan-Mandats sowie die Fortführung des Mandats im Irak. Die Verlängerungen waren zum jetzigen Zeitpunkt nötig, damit der Bundestag noch bis zum 31. März, dem Stichtag einiger Mandate, zustimmen kann.
Das Afghanistan-Mandat soll um 320 auf dann 1300 Soldaten steigen. Sehr skeptisch ist Agnieszka Brugger, Verteidigungsexpertin der Grünen. „Auch im 17. Jahr des Afghanistan-Einsatzes kann das Verteidigungsministerium noch immer nicht ansatzweise darstellen, welche Ziele mit diesem Militäreinsatz überhaupt noch realistisch erreicht werden sollen“, sagt Brugger. Die Bundesregierung verweigere sich einer dringend notwendigen unabhängigen Auswertung des deutschen Engagements, während sie das Truppenkontingent in Afghanistan einfach weiter aufstocke. „Es braucht endlich eine ehrliche Debatte über realistische Ziele dieses Einsatzes und Kriterien für eine Exit-Strategie.“
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte dagegen, die Afghanistan-Mission habe bereits greifbare Erfolge gezeigt. Dabei verwies er besonders auf die „unbestreitbaren Fortschritte für das tägliche Leben in Afghanistan“. So sei die Lebenserwartung von 44 Jahren im Jahr 2001 auf heute 61 Jahre gestiegen. Besuchten damals eine Million Kinder eine Schule, so seien es heute neun Millionen. Doch an der Sicherheitslage des Landes hat sich nichts verändert. Sowohl Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) als auch das Verteidigungsministerium räumen Rückschläge ein. Ein Teil des Landes wird immer noch von den Taliban kontrolliert. „Wir brauchen Geduld und einen langen Atem“, sagt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Die Grüne Agnieszka Brugger hält dagegen „leere Durchhalteparolen gerade bei einem so schwierigen Mandat für völlig verantwortungslos“.
„Völliges Unverständnis“äußert auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Es seien Milliarden versenkt worden, die Sicherheitslage habe sich aber nicht verbessert. „Es kann doch nicht sein, dass man die Dosis der Medizin, die versagt hat, erhöht“, so Bartsch. Ähnlich laute Kritik gibt es auch am Irak-Einsatz. Hatten die Deutschen bisher geholfen, die Peschmerga im Kampf gegen den ISTerror auszubilden, so sollen sie jetzt den Regierungstruppen helfen. Dabei sind die Standorte Bagdad und Erbil vorgesehen. Die Grünen halten den Einsatz für verfassungswidrig, weil er nicht im System gegenseitiger kollektiver Sicherheit geführt wird, also nicht von EU, Nato oder Vereinten Nationen. Ursula von der Leyen hält das Mandat für völkerrechtlich gedeckt, weil es auf Einladung des Premierministers erfolge und man Seite an Seite mit vielen anderen Ländern sei. Jetzt müsse der Wiederaufbau des Irak begleitet werden.
Das Kabinett beschloss ebenfalls eine Verlängerung der Entsendung von kleinen deutschen Kontingenten zu Missionen im Sudan und Südsudan sowie des Einsatzes „Sea Guardian“zur Überwachung des Mittelmeerraums.
In Mali wird die deutsche Beteiligung an den UN-Friedenstruppen um 100 auf dann 1100 Soldaten aufgestockt. Auf die Frage, ob solche Ausweitungen angesichts der schlecht ausgerüsteten Bundeswehr überhaupt möglich sind, sagte von der Leyen, die Klagen seien ja berechtigt. 25 Jahre sei bei der Bundeswehr gekürzt worden, jetzt gebe es jedoch seit zwei Jahren die Trendwende.