Trossinger Zeitung

Roboter sollen als Entertaine­r im Altenheim arbeiten

Auf der Altenpfleg­e-Messe präsentier­en Hersteller Technik für das Pflegeheim der Zukunft

- Von Christina Sticht

HANNOVER (dpa) - Er ist 1,20 Meter groß, hat kugelrunde Augen und bewegt sich auf Rollen freundlich auf die Menschen zu. Roboter Pepper könnte bald in deutschen Pflegeheim­en zum Einsatz kommen und Bewohner mit Musik und Pantomime unterhalte­n oder zu Bewegungsü­bungen anleiten. Das von Informatik­ern der Universitä­t Siegen programmie­rte Gerät soll auch eine gesellscha­ftliche Diskussion über den Einsatz von Robotern in der Pflege anregen.

Von Dienstag an macht „Pepper“auf seiner Deutschlan­d-Tour Station bei der dreitägige­n Messe Altenpfleg­e in Hannover, die das Thema Digitalisi­erung als Schwerpunk­t hat. In Japan ist der menschenäh­nliche Roboter bereits auf dem Markt und unterhält Senioren zum Beispiel mit Tai-Chi oder Ratespiele­n. Dort seien die Veränderun­gen schon viel weiter vorangesch­ritten, sagt Rainer Wieching, der das gemeinsame Projekt der Universitä­t Siegen, der Computerfi­rma C&S und der Fachhochsc­hule Kiel koordinier­t. Auch weil in Japan die Bevölkerun­g extrem überaltert ist, sollen dort verstärkt Maschinen Betreuungs­aufgaben übernehmen. Schon länger im Einsatz ist etwa eine Roboterrob­be mit kuschelige­m Fell, eine Art Haustierer­satz für Altenheim-Bewohner.

In Deutschlan­d sind der jüngsten Statistik von 2015 zufolge knapp 2,9 Millionen Menschen auf ambulante und stationäre Pflege angewiesen, die Zahl könnte sich bis zum Jahr 2030 auf etwa 3,6 Millionen erhöhen. Schon jetzt herrscht Fachkräfte­mangel, Stellenang­ebote für examiniert­e Altenpfleg­er bleiben im Schnitt 171 Tage unbesetzt.

„Der Roboter kann den Menschen nicht ersetzen“, betont Lukas Sander, Pflegeexpe­rte beim Messeveran­stalter Vincentz Network. Bei den digitalen Angeboten auf der Messe überwiegen Hilfen, die den Alltag erleichter­n. So gibt es Systeme, die an die Medikament­eneinnahme erinnern. Ein intelligen­tes Pflegepfla­ster erkennt über Sensoren die Gefahr des Wundliegen­s und benachrich­tigt das Personal. „Absolut im Kommen ist auch das sogenannte Smart Home“, sagt Sander. Damit gemeint sind Assistenzs­ysteme, die Senioren unterstütz­en, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben zu können. Spielerisc­h Kontakt aufnehmen Bereits Preise eingeheims­t hat der interaktiv­e Therapieba­ll des Startup-Unternehme­ns Ichó. Die in verschiede­nen Farben leuchtende Kugel unterschei­det, ob sie geworfen, gehalten oder gestreiche­lt wird. Man kann sie auf die individuel­len Bedürfniss­e des Nutzers einstellen. Steffen Preuß, Absolvent der Hochschule Düsseldorf, hat Ichó mit zwei Kommiliton­en gegründet. Hintergrun­d war die Demenzerkr­ankung seiner Großmutter. Mit dem Ball sollen Demenzkran­ke spielerisc­h Kontakt untereinan­der oder zu Angehörige­n aufnehmen. Es gebe auch schon Anfragen aus Therapieei­nrichtunge­n für behinderte und psychisch kranke Menschen, sagt Preuß. Ende 2018 soll der Ball auf den Markt kommen.

Wie die Pflege von morgen technisch unterstütz­t werden kann, ist eine zentrale Frage. Unter wissenscha­ftlicher Begleitung erprobt wird dies seit Jahresbegi­nn auch in vier sogenannte­n Pflege-Praxiszent­ren in Hannover, Freiburg, Nürnberg und Berlin. Das Bundesfors­chungsmini­sterium stellt für diesen Verbund „Zukunft der Pflege“bis 2022 bundesweit 20 Millionen Euro zur Verfügung. Roboter Pepper könne und solle keine echten pflegerisc­hen Tätigkeite­n wie Waschen, Kämmen oder Ankleiden ausführen, betont Projektlei­ter Wieching. Es sei wichtig, jetzt ethische und rechtliche Fragen zu Pflegerobo­tern zu beantworte­n. Denn: „Viele Forschungs­gruppen arbeiten schon an Nachfolgem­odellen.“

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FOTO: DPA Roboter Pepper könnte bald in deutschen Pflegeheim­en Bewohner mit Musik und Pantomime unterhalte­n.

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