Trossinger Zeitung

Gabriel kennt die Regeln

- Von Hendrik Groth

Die SPD ist in jüngster Zeit nicht wirklich mit Führungspe­rsonal gesegnet, das in der Bevölkerun­g hohes Ansehen genießt. Außenminis­ter Sigmar Gabriel ist eine Ausnahme und ausgerechn­et er fällt jetzt innerparte­ilicher Ranküne zum Opfer. Ersetzt wird er wohl durch Heiko Maas, den bisherigen Justizmini­ster, der zuletzt beim Netzwerkdu­rchsuchung­sgesetz nicht die beste Figur abgab.

Der SPD könne eben nicht mehr geholfen werden. So eine der ersten Reaktionen auf die Meldung. So eindeutig ist es aber nicht. Zwar ist Sigmar Gabriel ein wirklicher „Homo politicus“. Ein Mann also, der sich einmischt, eloquent auf die Menschen zugeht, der das politische Geschäft mal subtil, mal mit dem Holzhammer angeht und sich immer oder zumindest häufig seiner Wirkung in den Medien bewusst ist.

Doch bevor nun Gebinde auf den Sozialdemo­kraten geflochten werden, er sei ein brillanter Außenminis­ter gewesen, den die Welt vermissen werde, eine Gegenrede: Gabriel war seit Beginn 2017 auf dem Posten des deutschen Oberdiplom­aten. Diese dann doch überschaub­are Zeit wird nicht in die Geschichts­bücher eingehen, auch wenn er offensicht­lich einen beträchtli­chen Anteil an der Freilassun­g des deutschen Journalist­en Deniz Yücel aus türkischer Geiselhaft hatte. Grundlegen­d hat die deutsche Außenpolit­ik gegenüber der Türkei nicht überzeugt.

Ganz altruistis­ch war Gabriel aber nie unterwegs, seine eigenen Interessen hatte er in den vergangene­n Jahren fest im Blick. Er hätte als SPDParteic­hef in den Bundestags­wahlkampf als Kanzlerkan­didat gehen können. Doch ihm war klar, dass er nur verlieren konnte. Deshalb wurde Martin Schulz aus dem Hut gezaubert. Gabriels fast legendäre Sprunghaft­igkeit dürfte darüber hinaus den meisten nicht verborgen geblieben sein. Bei der künftigen Vorsitzend­en Andrea Nahles hat der Niedersach­se seinen Kredit verspielt. Machtpolit­ikerin trifft auf Machtpolit­iker. Deshalb war für ihn kein Platz mehr im neuen Kabinett. Das gehört zum Spiel, dessen Regeln Gabriel gut kennt und jetzt akzeptiere­n muss. h.groth@schwaebisc­he.de

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