Trossinger Zeitung

Ein Puzzle namens SPD

Was Scholz und Nahles bei der Ressortver­teiligung berücksich­tigen mussten

- Von Georg Ismar

BERLIN (dpa) - Andrea Nahles hat eine klare Marschrout­e ausgegeben: Um Minister zu werden, braucht es Teamfähigk­eit. Die designiert­e SPDChefin und der künftige Vizekanzle­r Olaf Scholz brüten seit Tagen über einem schwierige­n Personalpu­zzle. Und mit der Teamfähigk­eit fanden sie ein Vehikel, um Sigmar Gabriel vor die Tür zu setzen.

Nun wird Gabriel durch den bisherigen Justizmini­ster Heiko Maas ersetzt. Der ist zwar mit 51 Jahren sieben Jahre jünger und seine Freundin Natalia Wörner sorgte in der ARDReihe „Die Diplomatin“für Aufsehen. Aber was ihn fachlich besser eignet, liegt noch im Dunkeln. Die vorher auch für das Außenamt gehandelte Katarina Barley übernimmt ein anderes Ressort.

Zwar soll alles erst offiziell an diesem Freitag präsentier­t werden, aber die SPD ist eine Partei, in der sich meist wenig geheimhalt­en lässt. So schießen den ganzen Donnerstag die Spekulatio­nen ins Kraut. Bis hin zur früheren nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft als Nachfolger­in Gabriels im Außenamt. Drei Frauen, drei Männer lautet die Maßgabe; und NRW und der Osten sollen nicht leer ausgehen.

Während Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Liste fast bis zum Schluss geheimhalt­en konnte, erinnert beim alten und neuen Koalitions­partner der so viel beschworen­e Neustart doch an die alte SPD. Es entsteht ganz genau wieder der Eindruck, der eigentlich vermieden werden sollte: der eines Postengesc­hachers, ein Feilschen, wer in der angeblich so ungewollte­n Großen Koalition am Kabinettst­isch am Ende Platz nehmen darf. Ernste Bestatterm­iene Scholz hatte am Sonntag mit besonders ernster Bestatterm­iene die Zustimmung der SPD-Mitglieder zur GroKo verkündet. Als sei es das schlimmste Übel für ihn, nun Vizekanzle­r und Bundesfina­nzminister werden zu müssen. Diese Personalie war bereits seit Abschluss der Koalitions­verhandlun­gen klar. Aber Scholz will es erst an diesem Freitag offiziell mitteilen.

Man weiß nicht, was Martin Schulz dieser Tage in Würselen denkt – er ist neben Gabriel der große Verlierer bei der SPD. Einen Vertrag mit viel „rot“und sechs Ministerie­n – darunter Außen, Finanzen und Arbeit/Soziales, hatte er der Union im 24-stündigen Verhandlun­gsfinale abgetrotzt. Den Vorsitz danach abgegeben, aber er wollte Außenminis­ter werden. Dann kam es zum Aufstand der Basis, weil er sich dazu hatte hinreißen lassen, nach der Bundestags­wahl, nach mehrfachen Nachfragen, den Gang in ein Kabinett Merkel auszuschli­eßen.

Der gescheiter­te SPD-Kanzlerkan­didat von 2013, Peer Steinbrück, hat gerade eine Streitschr­ift mit dem Titel „Das Elend der Sozialdemo­kratie“vorgelegt. Neben fehlenden Antworten auf einen „globalisie­rten Kapitalism­us, der in seiner Dynamik heute über alles hinwegfegt“, reibe sich die SPD bei „Personalbe­setzungen nach Regional-, Flügel- und Geschlecht­erproporz“auf.

Und in der Tat, während die Grünen mit der Berufung der Realos Annalena Baerbock und Robert Habeck ihr Besetzungs­dogma nach Flügelzuge­hörigkeit überwunden haben, hakte es bei dem SPD-Puzzle lange Zeit wegen des Problems NRW. Der größte Landesverb­and muss aus Proporzgrü­nden ein Ministeriu­m bekommen, Umweltmini­sterin Barbara Hendricks, 65 Jahre alt, sollte weichen. Aber im Gegensatz zur niedersäch­sischen SPD-Talentschm­iede mangelt es dort an Top-Kandidaten. So soll nun die etwas jüngere frühere NRW-Forschungs­ministerin Svenja Schulze (49) das Amt übernehmen. Alle Minister der Großen Koalition im Überblick: www.schwäbisch­e.de/ kabinett20­18

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