Nervengift in der britischen Provinzidylle
Überleben des russischen Ex-Spions Skripal gilt als unwahrscheinlich
LONDON - Eine mehrere Hundert Kriminalbeamte umfassende Sonderkommission arbeitet an der Aufklärung des dreifachen versuchten Mordes von Salisbury. Wie die britische Innenministerin Amber Rudd am Donnerstag im Unterhaus bestätigte, waren der frühere russische Geheimagent Sergej Skripal, 66, seine 33-jährige Tochter Julia sowie ein Polizeibeamter vergangenen Sonntag in dem südenglischen Marktflecken mit einem Nervenkampfstoff vergiftet worden. Sobald die Hintermänner des „abscheulichen Verbrechens“ermittelt seien, sagte Rudd, werde die Regierung „angemessene und robuste Schritte“ergreifen. Keine normalen Täter Da Substanzen wie Sarin oder VX fast ausschließlich in Regierungslaboren hergestellt werden, kommen gewöhnliche Kriminelle als Täter kaum infrage. Mehrere Abgeordnete nannten Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin als wahrscheinlichsten Urheber der Attacke.
Offenbar hat das ABC-Labor von Porton Down das Nervengift zweifelsfrei identifiziert. Wie schon der höchste Antiterror-Beamte des Landes, Mark Rowley, lehnte auch die Innenministerin mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen genaue Auskünfte dazu ab. Sämtliche Aufenthaltsorte der Opfer, darunter ein Pub sowie eine Pizzeria, seien gesichert. Die höchste Gesundheitsbeamtin des Landes, Professor Sally Davies, hat die Gefährdung der Bevölkerung als gering eingestuft.
Skripal machte im sowjetischen und russischen Militär Karriere und arbeitete zuletzt im Rang eines Obersten für den militärischen Geheimdienst GRU. Offenbar spionierte er von den 1990er-Jahren an für den britischen Auslandsdienst MI6, wurde 2004 deshalb verhaftet und 2010 im Rahmen eines Agentenaustausches nach Großbritannien ausgewiesen. Seither lebte er in dem idyllischen Provinzstädtchen Salisbury. Der Tod seiner Frau 2012 sowie seines Sohnes im vergangenen Jahr sind nun ebenfalls Gegenstand der Ermittlungen.
Skripals Tochter Julia war am Sonntag aus Russland zu Besuch in Salisbury. Gemeinsam tranken Vater und Tochter im Pub Bishop’s Mill und aßen im Restaurant Zizzi, wo Skripal Senior Augenzeugen zufolge bereits durch merkwürdiges Benehmen auffiel. Gegen 16.15 Uhr verständigte dann ein Passant die Polizei, weil Vater und Tochter offensichtlich bewußtlos auf einer Parkbank saßen. Aus der Bewußtlosigkeit waren sie bis Donnerstagmittag nicht erwacht, so die Innenministerin. Den Zustand der beiden Skripals stufte das Bezirksspital Salisbury als kritisch ein; der „Times“zufolge gilt zumindest das Überleben des früheren Spions als unwahrscheinlich. Hingegen ist der ebenfalls verletzte Polizeibeamte bei Bewusstsein und aussagefähig.
Sollte sich der ungeheure Verdacht gegen Moskau bestätigen, dürfte dies die ohnehin schwierigen britisch-russischen Beziehungen zusätzlich belasten; in London wird sogar die Schließung der russischen Botschaft nicht ausgeschlossen. Am Dienstag hatte Außenminister Boris Johnson unter dem Eindruck der Ereignisse von Salisbury vom „bösartigen und Unruhe stiftenden“russischen Staat gesprochen. Premierministerin Theresa May kennzeichnete Putins autoritäres Regime bereits im November als „feindlichen Staat“. London legt Moskau unter anderem massive Cyber-Attacken sowie Desinformationskampagnen, nicht zuletzt beim Brexit-Referendum, zur Last.
Spanierinnen demonstrieren für gleiche Rechte
MADRID (AFP) - Millionen Spanierinnen haben mit Protestaktionen anlässlich des Weltfrauentags auf Nachteile für ihr Geschlecht in Beruf und Gesellschaft aufmerksam gemacht. Landesweit legten am Donnerstag 5,3 Millionen Menschen für zwei Stunden die Arbeit nieder und fanden sich zu Kundgebungen zusammen, wie die größten Gewerkschaften Spaniens, UGT und CCOO, mitteilten. Fast 300 Züge fielen aus, Radio- und Fernsehsendungen mussten ohne weibliche Moderatoren auskommen.
Kongress in Florida stimmt für Bewaffnung von Lehrern
MIAMI (AFP) - Als Reaktion auf das Schulmassaker von Parkland ist in Florida ein neues Waffengesetz verabschiedet worden. Das Mindestalter für Waffenkäufer soll demnach von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt werden. Gleichzeitig machte der Kongress in dem US-Bundesstaat den Weg frei für die Bewaffnung von Schulangestellten und einzelnen Lehrern. Das Gesetz muss nun noch von Gouverneur Rick Scott unterzeichnet werden, der die Novelle per Veto verhindern könnte.
Präsident entschuldigt sich für antisemitische Kampagne
WARSCHAU (AFP) - Der polnische Präsident Andrzej Duda hat sich für eine anti-jüdische Kampagne vor 50 Jahren in Polen entschuldigt. „Bitte verzeihen Sie, verzeihen Sie der Republik und den Polen, dem Polen von damals“, sagte Duda am Donnerstag in Warschau. Die Entschuldigung erfolgt inmitten eines heftigen Streits zwischen Israel und Polen über ein neues polnisches Holocaust-Gesetz. Die Staatsführung hatte ab März 1968 die öffentliche Stimmung gegen Juden angeheizt und diese für die Studentenproteste verantwortlich gemacht.
Eklat bei Amtseinführung von Präsident Milos Zeman
PRAG (dpa) - Bei der Vereidigung des tschechischen Präsidenten Milos Zeman ist es zu einem Eklat gekommen. In seiner Rede auf der Prager Burg griff Zeman am Donnerstag die liberale Presse, namentlich die Zeitung „Hospodarske noviny“und das Magazin „Respekt“, sowie das öffentlich-rechtliche Fernsehen an. Der 37-Jährige warf ihnen „Manipulation der tschechischen Öffentlichkeit“vor. Mehrere konservative Abgeordnete verließen aus Protest den Saal.