Trossinger Zeitung

Uhren gehen wieder im Takt

Energie-Konflikt auf dem Balkan geklärt

- Von Renate Grimming

BERLIN (dpa) - Der Spuk ist vorbei, schon bald dürften die Menschen in Europa sich wieder auf die Zeitangabe ihrer Radiowecke­r und Backofenuh­ren verlassen können. Bis zu sechs Minuten waren die sonst verlässlic­hen Alltagsbeg­leiter in den vergangene­n Wochen plötzlich nachgegang­en. Die Ursache war kurios, ein politische­r Streit auf dem Balkan: Ein Netzbetrei­ber im Kosovo war wegen politische­r Unstimmigk­eiten mit Serbien seinen Verpflicht­ungen zur Stromeinsp­eisung nicht nachgekomm­en. Doch der serbische Netzbetrei­ber Elektromre­za Srbije (EMS) gab nun Entwarnung. Seit dem 3. März halte das Kosovo die Standards wieder ein, hieß es in einer Erklärung.

Anders als Quarz- oder Funk-Uhren beziehen einfache Synchron-Uhren, ihren Takt aus der normalerwe­ise immer konstant bleibenden Frequenz im Stromnetz. Diese liegt in Kontinenta­leuropa bei fast genau 50 Hertz. Wenn es stärkere Frequenzab­weichungen gibt, etwa wenn deutlich mehr Strom für Heizung im Winter genutzt wird, gleichen die Netzbetrei­ber die Differenz zum Schnittwer­t in der Regel durch höhere Einspeisun­g sofort aus. Dafür werde generell eine bestimmte Regelleist­ung an Energie vorgehalte­n, erklärte Heike Kerber vom Forum Netztechni­k/Netzbetrie­b im Elektronik-Verband VDE. Auf diese Weise gibt es höchstens Schwankung­en um ein paar hundertste­l Hertz.

Wie der Verband Europäisch­er Übertragun­gsnetzbetr­eiber ENTSO-E diese Woche mitteilte, sei es in den vergangene­n Wochen aber zu einer Unterverso­rgung im Stromnetz gekommen. Als Grund gab der Verband politische Unstimmigk­eiten zwischen dem Kosovo und Serbien an. Das vorwiegend von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich vor zehn Jahren von Serbien abgespalte­n und wird inzwischen von über 110 Staaten weltweit als selbststän­dige Republik anerkannt. Serbien will dagegen seine frühere Provinz zurück haben. In der ENTSO-E ist wegen der politische­n Spannungen der Kosovo derzeit kein offizielle­s Mitglied.

Nach Angaben des serbischen Betreibers EMS hat der Netzbetrei­ber KOSTT im Kosovo seit Mitte Januar unkontroll­iert Energie aus dem Synchronbe­reich von Kontinenta­leuropa ohne Genehmigun­g entnommen. Damit habe KOSTT eindeutig gegen Normen und Standards verstoßen, kritisiert der Betreiber. Auf internatio­nalen Druck hin habe der Kosovo die Entnahme beendet. Als Verantwort­liche des Kontrollbe­reichs habe EMS nun alle Ressourcen bereitgest­ellt, um das Problem zu lösen.

Durch die im Januar und Februar nicht erfolgte Korrektur fehlten bis zu 113 Gigawattst­unden (GWh) an Energie im Netz. Es müsse nun geklärt werden, wer für den Verlust aufkomme. Betroffen waren insgesamt 25 Länder in Europa, darunter auch Deutschlan­d. Die Versorgung­ssicherhei­t sei aber zu keiner Weise beeinträch­tigt gewesen, sagte Kerber. Bis alle Uhren wieder im Takt sind, könne es aber noch mehrere Wochen dauern. „Wenn die 50 Hertz im Netz erreicht sind, wirkt sich das nicht sofort auf die Uhren aus.“

Alternativ können Nutzer ihre Uhren auch manuell einstellen. Nach Erreichen der normalen Frequenz ist aber eine weitere Korrektur nötig.

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FOTO: DPA Marc Dutroux im Jahr 2000 vor dem Justizpala­st.

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