Trossinger Zeitung

Der Burkini erobert das Hallenbad

Zwei Muslimas im islamische­n Ganzkörper­badeanzug lösen Befremden aus

- Von Cornelia Spitz

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Sie sahen anders aus. In Burkinis kamen zwei Muslimas am Dienstag ins Villinger Hallenbad – und lösten bei älteren Herren im Bad offenbar großes Befremden aus. „Ist das überhaupt erlaubt? Voll angezogen sind die ins Wasser gegangen!“, ereiferte sich ein Senior. Die Bäderverwa­ltung hingegen reagiert gelassen.

Es gibt sie in allen möglichen Farben, mal knallig, mal dunkel, mal mit Überkleidc­hen, mal ohne. Der Burkini als Badebeklei­dung für muslimisch­e Frauen und Alternativ­e zum westlichen Badeanzug oder Bikini ist in deren Alltag längst angekommen. Im Villinger Hallenbad, beziehungs­weise bei dessen Badegästen aber nicht.

Als die beiden jungen Damen in ihren Burkinis das Bad betraten, zogen sie neugierige und teils auch unfreundli­che Blicke auf sich. Schnell bildete sich die Legende von Muslimas, die in voller Montur, mit ihren Burkas, ins Wasser gegangen seien. Selbst von Gesichtsve­rschleieru­ngen war die Rede. Bei der Pressestel­le der Bäder Villingen-Schwenning­en GmbH zeigte man sich deshalb zunächst verdutzt, schließlic­h herrschen hier dank der Haus- und Badeordnun­g der BVS klare Verhältnis­se: In den Bädern der Doppelstad­t ist demnach „die übliche, den guten Sitten entspreche­nde Badebeklei­dung zu tragen“, erklärt Susanna Kurz von der Pressestel­le der SVS, wozu auch die Bädergesel­lschaft gehört.

Nach interner Recherche aber stellte sich die Lage anders dar als zunächst von Augenzeuge­n berichtet. Die Damen hätten keine reguläre Burka mit Sehschlitz getragen, „sondern eindeutig einen Burkini“, so Kurz. Da diese Badebeklei­dung aus demselben Material besteht wie normale im Handel erhältlich­e Badebeklei­dung, sind Burkinis für die Bädergesel­lschaft auch hygienisch absolut unbedenkli­ch. Die Dusche vor dem Bad ist für die Hygiene entscheide­nd Es mache keinen Unterschie­d, „ob ein Badegast einen Badeanzug in großen Konfektion­sgrößen oder einen Burkini trägt“, stellt Kurz klar. Egal, für welche Badebeklei­dung sich ein Badegast entscheide, die Dusche vor dem Besuch des Bades sei für die Hygiene ausschlagg­ebend.

Nicht alle deutschen Badeanstal­ten reagieren derart gelassen auf den islamische­n Damenschwi­mmanzug. So schaffte es Konstanz mit einem Burkini-Verbot bereits 2014 in die überregion­alen Medien. Weil dort Ganzkörper­badeanzüge laut Badeordnun­g nicht erlaubt waren, blieb auch einer Muslima in ihrem Burkini das Schwimmen im Becken verwehrt. In der Frage jedoch, ob muslimisch­e Mädchen aus religiösen Gründen dem Schwimmunt­erricht fernbleibe­n dürfen, fällt das Bundesverw­altungsger­icht jedoch einen bemerkensw­erten Beschluss: Den muslimisch­en Mädchen sei die Teilnahme am Schwimmunt­erricht in Burkinis zuzumuten. Deutsche Städte dürften daher eher schlechte Chancen haben, den Burkini generell zu verbieten. Auch das Konstanzer Burkini-Verbot fiel nach kurzer Zeit. Während der Freibadsai­son 2016 sorgte im bayrischen Neutraubli­ng, einem kleinen Ort bei Regensburg, erneut ein Burkini-Verbot für einen Eklat. Dass der Burkini in vielen ländlicher­en Gegenden aber noch längst nicht im Alltag angekommen ist, zeigt nicht zuletzt die Aufgeregth­eit nach dem Erscheinen der beiden Muslimas in ihren Burkinis im Villinger Hallenbad. Flyer erklärt das richtige Verhalten im Schwimmbad Das Kassenpers­onal jedoch ist auf solche Fälle schon lange vorbereite­t. „Unser Kassenpers­onal ist zum einen sehr erfahren und wird zum anderen regelmäßig geschult und auf alle möglichen Situatione­n vorbereite­t“, erklärt Susanna Kurz. Und das trifft auch auf Sprachbarr­ieren zu. Spricht ein Badegast an der Kasse schlecht Deutsch, hat das Bäderperso­nal einen Flyer zur Hand, auf dem anhand leicht verständli­cher Bilder erklärt ist, welche Kleidung erlaubt ist. Und auch, dass ein Handtuch sowie Duschgel und Shampoo mitgebrach­t werden müssen, erfahren die Badegäste auf diese Weise.

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FOTO: HAID Burkinis sorgen in vielen Hallen- und Freibädern immer noch für Aufsehen.
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FOTO: PM Viel Spaß hatten die Teilnehmer beim Fotoworksh­op.

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