Trossinger Zeitung

Sozialer Wohnungsba­u mit Mietpreis von 11,80 Euro?

Gemeindera­t berät mehrfach nicht-öffentlich und bekommt immer wieder neue Variatione­n präsentier­t

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SPAICHINGE­N - Die Stadt steigt in den sozialen Wohnungsba­u ein. Das haben die Spaichinge­r im Frühsommer vergangene­n Jahres erfahren. Drei Wohnblocks sollten bis Ende/ Mitte Oktober 2017 für 2,8 Millionen Euro am Bahnhof gebaut werden. Am vergangene­n Montag erfuhren die Zuhörer im Gemeindera­t: „Es gibt eine Beschlussl­age“. Doch was bedeutet das? Viele nicht öffentlich­e Sitzungen, unterschie­dlichste Planungen mit unterschie­dlichsten Größen, Quadratmet­erpreisen, Bedingunge­n und bis heute keine öffentlich­e Verhandlun­g, noch ein öffentlich­er Beschluss.

Aber hinter den Kulissen ist viel gelaufen. Am Erstaunlic­hsten: Die Stadt rechnet bei ihrem jüngsten Projekt mit Mietpreise­n von elf beziehungs­weise 11,80 Euro je Quadratmet­er Wohnfläche. Das ist deutlich mehr, als derzeit in einem super gebauten und ausgestatt­eten Neubau verlangt wird. Als sie über das Amtsblatt Mietwohnun­gen suchte, offerierte die Stadt 4,50 bis sechs Euro. Der Mietspiege­l von Tuttlingen, an den sich Spaichinge­n mit einem Abschlag von 20 Prozent orientiere, verzeichne­t 7,88 Euro. Wie kommt das? Das war öffentlich: In der Haushaltsv­orschau ist kurz von einem Angebot von zwei Millionen Euro die Rede, ohne Details. In der Bergsitzun­g ging dann die Fraktion Pro Spaichinge­n in ihrer Rede auf den Sachverhal­t ein. Zuvor, beim Neujahrsem­pfang, sagte Bürgermeis­ter Hans Georg Schuhmache­r in seiner Rede, dass die Stadt sich entschloss­en habe, ein Bauprojekt zusammen mit einem Bauträger auf dem schmalen Geländestr­eifen am Bahnhof zu realisiere­n, im Gegenzug diese Wohnungen aber mit drei Euro Zuschuss je Quadratmet­er in der Miete zusätzlich zu den Mieten, die das Sozialamt übernehme, zu bezuschuss­en. Es entstünden zwölf bis 15 Mietwohnun­gen, an denen sich die Stadt ein Belegungsr­echt gesichert habe.

Dies natürlich, um auch der Pflicht zur Anschlussu­nterbringu­ng von Flüchtling­en gerecht werden zu können.

Das war – so haben es unsere Recherchen ergeben – nicht-öffentlich: Am 29. Mai 2017 verhandelt­e der Gemeindera­t erstmals zum Thema, um am 19. Juni 2017 erstmals einen Generalunt­ernehmer präsentier­t zu bekommen. Der Druck war groß, die Stadt, so die Verwaltung, müsse in den nächsten drei Monaten bauen, hieß es. Der Rat beschloss nichts Konkretes, sondern mit elf zu sechs Stimmen, zehn Wohnungen à 60 Quadratmet­er in Modularbau­weise auf dem Grundstück am Bahnhof zu bauen. Außerdem sollten Alternativ­en erfragt werden. am 10. Juli nun war von 24 Wohnungen, drei Häusern und fast vier Millionen Euro die Rede, und zwar in einer Tischvorla­ge, die am selben Abend ausgeteilt wurde. Ein Bauträger und ein Planer waren mit in der Sitzung eingeladen. Der Rat weigerte sich, über so viel Geld an einem Abend zu beschließe­n. Der nächste nicht-öffentlich­e Termin war dann am 4. Oktober. Hier ging es um ein anderes Modell: Die Stadt solle das Gelände verschenke­n und bei Baukosten von 1400 Euro je Quadratmet­er, die ein Bauträger selbst finanziere­n soll, solle die Miete durch Subvention garantiert werden. Im Gegenzug bekomme die Stadt das Belegungsr­echt.

Die nächste nicht-öffentlich­e Sitzung zum Thema war dann am 4. Dezember. Darin bekamen die Räte dann die Kostenbere­chnungen auf 20 beziehungs­weise 25 Jahre präsentier­t mit oben genannten Mietpreise­n. Allerdings war da noch von zwei Euro Subvention die Rede und nicht, wie in der Neujahrsre­de, drei. Soziales Gefüge in Schräglage „Es gibt eine Beschlussl­age.“Diese Antwort gab Bürgermeis­ter Schuhmache­r am Montag übrigens auf eine Anfrage Alexander Efingers (Grüne) zu einem Brief, den eine Bürgerin an die Fraktionen und die Stadt gerichtet habe. Sie befürchte, dass das soziale Gefüge der Nachbarsch­aft in Schräglage kommt, weil der schmale Geländestr­eifen zwischen Straße und Bahn für so viele Menschen völlig ungeeignet sei. Die Beschlussl­age ist aber nicht öffentlich und damit nicht rechtlich korrekt für einen tatsächlic­hen Baubeginn.

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