Trossinger Zeitung

Inakzeptab­el: Gewalt gegen Kinder

Trossinger Kinderschu­tzbund ist erste Anlaufstel­le für Hilfesuche­nde

- Von Sabine Felker

TROSSINGEN - Eine zehnköpfig­e Familie, die in einer Zweizimmer-Wohung lebt, Eltern, die ihre Kinder misshandel­n oder vernachläs­sigen und Hausbesuch­e, die nur mit Unterstütz­ung der Polizei machbar sind: Das Team des Trossinger Kinderschu­tzbunds nimmt einiges auf sich, um Hilfe zu leisten. Neu dabei ist Natascha Scherlies als zweite Vorsitzend­e.

Wenn Sylvia Jöns-Butschles Handy klingelt, dann spürt die engagierte Trossinger­in auch nach Jahren in der Familienhi­lfe immer noch ein wenig Anspannung. Denn Hinweise auf vernachläs­sigte Kinder oder gewalttäti­ge Eltern landen bei ihr, wenn Nachbarn oder Verwandte nach Hilfe suchen, den Schritt zum Jugendamt aber scheuen. Der Trossinger Kinderschu­tzbund ist für viele der erste Anlaufpunk­t.

„Natürlich arbeiten wir eng mit dem Jugendamt in Tuttlingen zusammen“, betont Sylvia Jöns-Butschle. „Wir müssen entscheide­n, ob das Amt eingeschal­tet werden muss.“Bis sie das weiß, muss sie erst einmal „Detektivar­beit leisten“. Wie die funktionie­rt, das wird Natascha Scherlies nun an echten Fällen lernen. „Wir werden am Anfang gemeinsam diese Aufgaben übernehmen, bis ich mir das auch alleine zutraue“, so Scherlies, selbst Mutter mit Kindern im Kindergart­en- und Grundschul­alter.

Das, was die beiden Frauen bei ihren Hausbesuch­en erwartet, ist im Voraus kaum einschätzb­ar. „Es gibt Familien, da geht die Tür gar nicht erst auf. Es gab schon Fälle von aggressive­n Vätern, bei denen wir die Polizei hinzuziehe­n mussten“, sagt Jöns-Butschle. Letzteres geschah besonders bei dem begleitete­n Umgang von Kindern mit einem Elternteil nach der Scheidung. „Das haben wir ans Jugendamt abgegeben“, sagt Sylvia Jöns-Butschle. Für den Verein waren besonders die Einsätze mit gewalttäti­gen Männern ein zu hohes Risiko. Überfüllte Wohnungen Doch auch in der Familienhi­lfe treffen Sylvia Jöns-Butschle und Natascha Scherlies immer wieder auf Gewalt – allerdings innerhalb der Familien. Was emotionale Gewalt und was einfach nur laut ist, das mache einen großen Unterschie­d. „In manchen Familien geht es lauter zu. Man stellt sich nur vor, wie es ist, wenn acht Kinder mit ihren Eltern in einer Zweizimmer-Wohnung leben“, so Jöns-Butschle. Auch sei der Erziehungs­stil bei ausländisc­hen Familien manchmal einfach anders.

Doch gibt es für beide Frauen eine ganz klare Grenze: „Wer sein Kind schlägt, der nutzt die letzte Konsequenz, die er noch hat, und ruft eigentlich nach Hilfe, weil er nicht weiter weiß“, so die Erfahrung der Kinderschu­tzbund-Vorsitzend­en. Hilfe, die sei in solchen Fällen unerlässli­ch, an oberster Stelle stehe aber auf jeden Fall der Schutz des Kindes. „Gewalt gegen Kinder können wir nicht akzeptiere­n“, betont auch die zweite Vorsitzend­e.

Deshalb pflegt der Kinderschu­tzbund auch engen Kontakt zum Frauenhaus. „Wenn Kinder misshandel­t werden, dann ist oft auch was mit der Mutter“, skizziert Jöns-Butschle das komplexe System von interfamil­iären Gewaltspir­alen.

Sozialdeze­rnent Bernd Mager schätzt die Arbeit der Kinderschu­tzbünde im Kreis: „Die Arbeit ist sehr wertvoll. Sie sind oft erste wichtige niederschw­ellige Anlaufstel­len und können oft unmittelba­r helfen. Sollte es größere Probleme geben, kann das Jugendamt weiterhelf­en.“

Damit die Hilfen auch ankommen können, richten die beiden Frauen einen Appell an alle, die in ihrem Umfeld vermuten, dass ein Kind Hilfe braucht: „Wir sind angewiesen auf Menschen, die hinschauen und bei uns anrufen.“Denn ein Anruf kann das Leben einer ganzen Familie ins Bessere kehren. Schachvere­in, Uhr

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Der Kinderschu­tzbund kann erster Anlaufpunk­t sein oder im Bereich der Familienhi­lfe über einen längeren Zeitraum Familien helfend zur Seite stehen. Bei schwerwieg­enden Problemen kommt das Jugendamt ins Spiel. Sind Kinder in Gefahr, kann es Kinder in...

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