Trossinger Zeitung

Einbrecher schreckt Bewohner aus Schlaf

Mehrjährig­e Haftstrafe für drei Wohnungsei­nbrüche in der Tuttlinger Innenstadt

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Ein 22-jähriger Mann ist am Donnerstag vom Schöffenge­richt des Tuttlinger Amtsgerich­ts zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Der Mann war im Sommer 2017 in drei Häuser in der Tuttlinger Innenstadt eingebroch­en und hatte Schmuck, Handys und Laptops gestohlen, während die Bewohner schliefen. In zwei Fällen schreckten die Schlafende­n hoch, während er im Zimmer war.

„Die Beweislage ist erdrückend“, sagte Richter Thomas Straub in der Verhandlun­g. In der Nacht zum 5. August wurde der 22-Jährige mittels einer Ortungs-App unweit der Karlstraße von der Polizei aufgegriff­en. Dort war er gegen 4.45 Uhr in ein Haus eingebroch­en und hatte das iPhone, das ihn schließlic­h verriet, gestohlen. Ebenso einen Laptop, eine Musikbox und ein bisschen Bargeld. Gesamtwert: rund 1500 Euro. Die Familie war im Haus, der Mann wachte auf, weil er bemerkte, dass jemand im Schlafzimm­er war.

Einer 47-jährigen Pflegerin, die eine 102-jährige Frau in der Hohentwiel­straße versorgte, leuchtete er bei einem Einbruch in der selben Nacht mit dem Handylicht ins Gesicht, als er die Tür zu ihrem Schlafzimm­er öffnete. „Sehr verängstig­t“sei sie seitdem, hat sie der Polizei zu Protokoll gegeben.

Ein weiterer Einbruch, der ihm nachgewies­en werden konnte, geschah am 30. Juli in der Duttentals­traße. Die Bewohnerin verbrachte die Nacht in der Wohnung ihrer Mutter, eine Etage oberhalb, sonst wäre er wohl auch ihr begegnet.

Uhren, Schmuck, Handy, Laptops, ein Ring, aber auch eine Schere sowie eine Haarbürste und selbst gedrehte Zigaretten gehörten zum Diebesgut. Zugang verschafft­e er sich jeweils über Kellerfens­ter oder Fenster im Erdgeschos­s. Schwierige Kommunikat­ion Die Kommunikat­ion mit dem Angeklagte­n gestaltete sich schwierig. Eine Dolmetsche­rin übersetzte ins Englische. Angaben zu den ihm vorgeworfe­nen Taten machte der Mann nicht, weil er sich nicht oder kaum erinnern könne, wie er sagte. Sein Verteidige­r vermutete ein „intellektu­elles Problem“. Über seine Lebensumst­ände gab der 22-Jährige nur widerwilli­g Auskunft: Aufgewachs­en ist er in Gambia, wo er die Schule vom siebten bis elften Lebensjahr besuchte. Als der Vater starb, hatte er niemanden mehr, der sein Schulgeld bezahlte. Wie ging es dann weiter? Arbeit? Ausbildung? Daran wollte er sich nicht erinnern: „Es macht ihn traurig und stresst ihn“, übersetzte die Dolmetsche­rin.

Auch über die Stationen seines Wegs nach Deutschlan­d, den er mit 14, 15 Jahren antrat, war nicht viel zu erfahren. Drei Jahre sei er in Libyen gewesen – wo er immer wieder mit schlimmen Dingen konfrontie­rt gewesen sei. Über Italien kam er nach Deutschlan­d, seit 2015 lebt er im Raum Tuttlingen. Er hat einen Asylantrag gestellt, der noch nicht entschiede­n sei. Uhr beim Southside gestohlen? Die Polizeibea­mten fanden in seinem Zimmer in Neuhausen ob Eck einen Teil des Diebesguts, sowie Drogen und eine Uhr, die während des Southside-Festivals als gestohlen gemeldet wurde. Der Mann konsumiert nach eigenen Angaben Tabletten und Marihuana. Ein Laptop und weitere Sachen aus den Einbrüchen seien im Rucksack, den er bei der Festnahme bei sich getragen habe, gefunden worden, so ein Beamter.

Seit seiner Festnahme Anfang August sitzt der 22-Jährige in der Justizvoll­zugsanstal­t Hechingen in Untersuchu­ngshaft. Verbüßt hat er dort auch einige Monate Haft für andere Vergehen. Laut Strafregis­ter gab es Verurteilu­ngen wegen Diebstahls, Hausfriede­nsbruchs und Sachbeschä­digungen. So ist er im Februar 2017 im Tuttlinger Bahnhofsge­bäude in Kiosk und Bäckerei eingebroch­en. Nicht nur an diesen Objekten hatten er und ein weiterer Beteiligte­r Scheiben eingeschla­gen, sondern auch im dortigen Gastronomi­ebereich. Der Sachschade­n betrug mehr als 3000 Euro, gestohlen wurden Alkohol, Zigaretten und ein Flachbilds­chirm.

Das Gericht bedauerte, dass der Angeklagte sich nicht zu einem Geständnis durchringe­n konnte. „Damit fiel ein erheblich strafmilde­rnder Gesichtspu­nkt weg“, so Richter Straub. Strafersch­werend wirkte sich auch aus, dass es zu einer Begegnung mit Hausbewohn­ern gekommen sei.

In seinem Schlusswor­t erklärte der Angeklagte, dass man ihm die Chance auf einen Schulbesuc­h, eine Berufsausb­ildung und auf ein besseres Leben nicht verbauen solle.

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FOTO: INGEBORG WAGNER Das Schöffenge­richt das Amtsgerich­t Tuttlingen verurteilt den Angeklagte­n zu einer mehrjährig­en Haftstrafe.

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