Der Touareg schlüpft in die Rolle des VW-Topmodells
Nobler SUV legt in Länge und Breite zu – Vierzylinder sind vorerst nicht geplant
VW dreht trotz Dieselskandal mal wieder am großen Rad. Die Zeiten, in denen die Niedersachsen ganze Autobahnen für eine Fahrpräsentation sperren ließen, sind zwar vorbei. Doch für eine große Party in Peking reicht es noch immer: Vor Hunderten von Gästen hat das versammelte Management dort das Tuch vom neuen Touareg gezogen, der ab diesem Sommer eine wichtige Mission erfüllen soll. Denn jetzt, da der Phaeton vorbei und vergessen ist, muss die dritte Generation des Geländewagens die Rolle des Topmodells spielen und ihren Glanz auf die gesamte Modellpalette strahlen lassen.
„Der neue Touareg markiert nicht nur die Spitze unserer SUV-Offensive, sondern er ist auch das Flaggschiff unserer Marke“, sagt VW-Chef Herbert Diess. „Er kombiniert modernste Technologie mit höchster Handwerkskunst – und den Komfort einer Luxuslimousine mit den Eigenschaften eines echten Geländewagens. Das macht den Touareg zu einem wichtigen Meilenstein in der größten Produktoffensive, die es bei VW je gegeben hat.“Dabei darf sich der Touareg nicht ganz so weit nach oben strecken, weil er sonst preislich aus dem Ruder läuft und außerdem zu nah an die Plattformbrüder Audi Q7 und Porsche Cayenne kommt, die beide ebenfalls den modularen Längsbaukasten nutzen. Ach ja, und ein Praktiker für den Ponyhof und die Pampa soll er bitteschön auch noch bleiben. Deutlich größerer Kofferraum Seiner Rolle als Lifestylelaster fürs Landvolk und als vornehmer Pampersbomber wird der Touareg mit seinem neuen Format und entsprechenden Nehmerqualitäten gerecht. So wurde die Länge um acht Zentimeter auf 4,88 Meter gestreckt, und neben dem Platz im Fond wächst vor allem der Kofferraum: Er legt schon in der normalen Konfiguration von 697 auf 810 Liter zu, und mit der um 16 Zentimeter verschiebbaren Rückbank kann man den Kompromiss zwischen Knien und Koffern noch individueller gestalten. Dazu gibt es Premium-Finessen wie eine elektrische Laderaumabdeckung, eine stolze 3,5-Tonnen-Anhängelast wie bisher und natürlich wieder einen permanenten Allradantrieb. Der ist zwar etwas weniger aufwändig konstruiert als zuvor, kommt im Gelände aber trotzdem weiter, als es die meisten Fahrer je wissen wollen, versprechen die Entwickler.
Seine Position an der Spitze der Modellpalette sichert sich der Touareg aber vor allem mit seinem Interieur. Blickfang ist dort das Innovision-Cockpit, das selbst Tesla-Fahrern Tränen in die Augen treiben dürfte. Denn zu dem mittlerweile hinlänglich bekannten, künftig aber noch individueller konfigurierbaren Digitaltacho gesellt sich nun ein gewaltiger, 15 Zoll großer Touchscreen, der sich nahtlos an die Armaturen anschließt und nahezu die gesamte Mittelkonsole einnimmt. Schalter findet man drumherum dagegen kaum mehr.
Und auch die Menüs auf dem Bildschirm sind nicht festgelegt. „So, wie man die Anordnung auf seinem Smartphone individuell gestalten kann, so lässt sich auch der Screen im Touareg nahezu frei belegen“, sagt Produktmanager Philipp Jung und wischt die einzelnen Kacheln dorthin, wo sie ihm am liebsten sind. Entwicklungschef Frank Welsch glaubt, dass das den Geländewagen zum „Touareg für die digitale Generation“adele. Er liefere schon heute die Blaupause dafür, wie digitale Interieurs in Zukunft auszusehen haben.
Zwar ist das Cockpit der ganze Stolz der VW-Entwickler. Aber es ist nicht das einzige Highlight auf der langen Ausstattungsliste. Dort findet man auch Extras wie ein noch größeres Head-Up-Display und eine Wärmebildkamera für das erste Nachtsichtsystem in einem VW-Modell, ein Heer von Assistenzsystemen mit nahezu autonomen Fähigkeiten sowie LED-Scheinwerfer mit MatrixTechnik, die ihren Lichtkegel den jeweiligen Gegebenheiten anpassen.
Auch die Designer durften ihre Premium-Fantasien ausleben und haben den Touareg deshalb mit mehr Chrom geschmückt als jeden anderen Volkswagen. Scheinwerfer und Kühler verschmelzen nun zu einer Orgie in Licht und Glanz. „Das Design macht unmissverständlich klar, dass er das souveräne Flaggschiff der Marke ist“, sagt Designchef Klaus Bischoff und rudert gleich wieder ein bisschen zurück. Den Prunk und Protz der Premiummarken will er nämlich nicht übernommen haben: „Die Macht dieses Autos ruht in seiner Freundlichkeit und Eleganz – der Touareg muss nichts erzwingen.“ Nur ein Benziner Dass sich der noble SUV auch künftig eher auf Augenhöhe mit Mercedes GLE und BMW X5 statt Ford Edge und Hyundai Santa Fe wähnt, zeigt die Auswahl der Motoren. Denn schnöde Vierzylinder sind vorerst nicht geplant. Los geht es stattdessen im Sommer mit einem soliden V6 TDI, der aus drei Litern Hubraum 286 PS und 600 Newtonmeter schöpft – und den Touareg trotzdem zum sparsamsten Auto seiner Klasse machen will. Später im Jahr folgt der gleiche Motor mit 231 PS, und für die wenigen Kunden aus der Otto-Fraktion bereitet VW einen V6-Benziner mit drei Litern Hubraum und 340 PS vor.
Nächstes Jahr krönen die Niedersachsen die Modellpalette dann mit dem V8-Diesel aus dem Audi Q7 und dem Bentley Bentayga, der bei vier Litern Hubraum auf 421 PS und 900 Newtonmeter kommen wird. Und je nach politischer Großwetterlage wird es dann auch bei uns den zunächst nur für China geplanten Plug-In-Hybriden geben – wahlweise mit Vier- oder Sechszylinder-Benziner und immer mit mindestens 50 Kilometern elektrischer Reichweite.
Obwohl der Touareg in Länge und Breite zugelegt hat, fühlt er sich handlicher an als früher und lässt sich leichtfüßiger bewegen. „Nicht umsonst haben wir beim Generationswechsel rund 100 Kilo abgespeckt“, sagt Produktmanager Jung. Weitere Leichtigkeit bringt die Hinterachslenkung, die unter anderem den Wendekreis verkleinert. Luftfeder und Wankausgleich Dennoch hat VW der Versuchung widerstanden, den Touareg zu einem sportlichen SUV zu machen. Komfort und Gelassenheit standen ganz oben auf der Liste, erklärt Jung und verweist dafür zum Beispiel auch auf die optionale Luftfeder und den Wankausgleich: „Knüppelharte SUV gibt es genug, wir wollen die Limousine unter den Geländewagen bauen.“Die ihren Preis haben dürfte: Erste Schätzungen gehen von etwa 53 000 Euro aus.