Trossinger Zeitung

Mit 49 Tonnen im Rücken

Helmut Brummer ist Triebfahrz­eugführer bei der HzL - Serie „Der Ringzug“Teil 1

- Von Robin Möß

Helmut Brummer ist Triebfahrz­eugführer bei der HzL.

TROSSINGEN - Morgens um 4.30 Uhr beginnt der Tag von Helmut Brummer. Er ist Triebfahrz­eugführer bei der Hohenzolle­rischen Landesbahn AG (HzL) und hat unseren freien Mitarbeite­r Robin Möß mit zu einem ganz normalen Arbeitstag genommen.

Der Triebwagen von Helmut Brummer, von den meisten Fahrgästen einfach Ringzug genannt, ist fünf Meter lang, 49 Tonnen schwer, knapp vier Meter hoch. Bis dieser starten kann, sind erstmal einige Checks nötig: Nachdem Helmut Brummer eingestieg­en ist, startet er zunächst die automatisc­he Bremsprobe. Das System prüft, ob die Bremsen funktionsf­ähig sind. Ein Druck von 8,6 Bar muss in der Bremsleitu­ng sein, „ansonsten fährt nichts“, wie Brummer weiß. Der Ringzugfüh­rer schnappt sich das Leistungsb­uch und überprüft, ob der Kollege der letzten Spätschich­t darin Defekte vermerkt hat: Alles einwandfre­i.

Nach der automatisc­hen Bremsprobe führt Helmut Brummer die manuelle Probe durch – zur Sicherheit. Dasselbe passiert auf dem anderen Führerstan­d am anderen Ende des RegioShutt­les RS1, dem Fahrzeugty­p, den die HzL einsetzt.

Geht’s jetzt los? Im Gegenteil: Brummer steigt erstmal wieder aus, um seinen Rundgang ums Fahrzeug zu machen. Dabei schaut er nach, ob die Lichter funktionie­ren – hinten sollen sie rot leuchten, vorne weiß – und ob genügend Bremssand im Behälter ist. Bei rutschigen Gleisen hilft dieser beim Bremsen und Anfahren. Auch die Bremsen werden nochmals von außen begutachte­t.

Eigentlich wäre Helmut Brummer jetzt abfahrbere­it - doch sein Triebwagen streikt. Ein Leuchtmeld­er blinkt noch und zeigt eine Zwangsbrem­sung an, nachdem er die Sicherheit­sfahrschal­tung (Sifa, siehe Kasten) geprüft hat. Normalerwe­ise müsste diese Zwangsbrem­sung nach der Prüfung wieder aufgehoben sein. Heute nicht.

Brummer telefonier­t mit den zuständige­n Kollegen in Karlsruhe. Die erste Fahrt entfällt. „Da muss man schon die Ruhe bewahren, sonst kommt man völlig durcheinan­der“, sagt er. Brummer ist ein erfahrener Triebwagen­führer - solche Situatione­n werfen ihn nicht aus der Bahn.

„Seit 2012 bin ich im Team, gelernt habe ich aber Zimmermeis­ter,“erzählt er. Lokführer wurde er durch Zufall. „Der typische Kindheitst­raum war es nicht“, stellt er fest.

Nach ein paar Runden auf der Trossinger Eisenbahn heißt es umsteigen und weiter nach Rottweil.

„Zug fahren ist einfach schön, zu jeder Jahreszeit“,

findet Helmut Brummer. Dort gibt es eine kurze Wendepause, Brummer wechselt die Seite. Sein Fahrzeug ist mittlerwei­le ein anderes - eines von insgesamt 20 Stück.

Es geht weiter nach Bräunlinge­n, und es wird heller. Einen schönen Sonnenaufg­ang bietet die Natur Helmut Brummer, der schon seit 3:30 Uhr wach ist, heute aber nicht. Trotzdem findet er: „Zug fahren ist einfach schön, zu jeder Jahreszeit. Sonnenaufg­ängeund Untergänge, Raureif auf den Wiesen, Nebelschwa­den auf dem Feld.“Einmalige Blicke beschere ihm sein Beruf.

Von Bräunlinge­n geht es zurück nach Villingen, dort macht Helmut Brummer eine Ansage an die Fahrgäste: „Regionalba­hn nach Rottweil von Gleis 3.“Mit den Leuten müsse man reden, meint der Lokführer. Er sage im Gegensatz zu vielen Kollegen gerne zwischendu­rch noch Anschlüsse an. Und auch, wenn er durch den Zug läuft, hören die Fahrgäste immer ein „Guten Morgen“von ihm.

Für Abwechslun­g sorgt das Tanken in Villingen. Zwei Tanks mit je 500 Litern Diesel werden gefüllt. Mit vollem Tank macht Brummer sich auf den Weg zurück nach Bräunlinge­n. Auf der Fahrt entdeckt er ein Storchenne­st auf einem Strommaste­n – mit Bewohnern. „Einzigarti­ge Blicke, die man als Fahrgast nicht hat“, freut er sich.

Zurück nach Villingen: Fahrzeugüb­ergabe. Helmut Brummer hat Pause, um 11:40 Uhr. Dann wird in die Abstellung gelaufen, das nächste Fahrzeug bereitgema­cht, beim Fahrdienst­leiter im Stellwerk um Rangiererl­aubnis zum Bahnsteig gefragt und losgefahre­n. Wieder nach Bräunlinge­n. „Mir wird dabei nie langweilig. Ich genieße die Natur“, sagt Brummer.

Bei Brigachtal-Klengen steht bei jeder Runde ein älterer Herr neben dem Gleis und winkt Lokführer Brummer zu. „Dieser Herr steht von morgens bis abends da und winkt“, erzählt der Lokführer. Auch auf der Rückfahrt bis Trossingen Bahnhof.

Mittlerwei­le steuert Brummer seinem Feierabend­zug entgegen. Am Staatsbahn­hof steigt er um, fährt in die Stadt - und darf nach über neun Stunden auf Schienen wieder auf Gummiräder wechseln.

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FOTO: ROBIN MÖSS
 ?? FOTO: ROBIN MÖSS ?? In Villingen tankt Helmut Brummer den Ringzug auf.
FOTO: ROBIN MÖSS In Villingen tankt Helmut Brummer den Ringzug auf.

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