Trossinger Zeitung

Eine klingende Geschichte des Tangos

Das Quintett „Tango del Sur“erforscht die Seele des argentinis­chen Tanzstils

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN - Interessan­ter Schlusspun­kt zu „Akkordeon grenzenlos 2018“: Das Quintett „Tango del Sur“um den bekannten Akkordeoni­sten Heinz Hox spielte im Hohner-Konzerthau­s Varianten des Tango aus der Zeit von 1950 bis zur Jahrtausen­dwende.

Astor Piazzolla, Pablo Ziegler, Osvaldo Pugliese, Lalo Schifrin, Horacio Salgán – Namen, die aus der Entwicklun­g des ursprüngli­chen Tanzes aus den Armenviert­eln von Buenos Aires zum Tango Nuevo nicht wegzudenke­n sind. Die Auswahl der 16 Stücke, langsame wie temperamen­tvolle, verdiente Anerkennun­g: Zieglers „Desde otros tiempos“, bei dem Gustavo Cabrera seine Geige bittersüß klingen ließ. Der Kalifornie­r hat fünf Jahre lang in Argentinie­n die Seele des Tangos erforscht.

Piazzollas „Contrabaji­ssimo“, bei dessen anspruchsv­ollem Solo Thomas Falke sein Instrument nicht nur herzhaft schnurren ließ; „Triunfal“, das Piazzollas Karrieredu­rchbruch bewirkte, und bei dem Gitarrist Kai Starke harte Akzente setzte; und das 30 Jahre alte Stück „Soledad“, bei dem Heinz Hox mit fast geschlosse­nem Balg pure Melancholi­e verströmte.

Viel Applaus gab es auch für das rhythmisch­e Porträt des Schriftste­llers Evaristo Carriega, komponiert von Altmeister Pugliese, einem der Vorbilder Piazzollas.

Zieglers „Asfalto“mit seinen geisterhaf­ten Tönen und dem etwas dominanten Piano kam ebenso gut an wie Schifrins „Tango barbaro“und Salgáns Hymne an Don Agostin Bardi von 1950.

Das Ensemble „Tango del Sur“erinnert an die Quintett-Besetzung, mit der Piazzolla seine großen Erfolge verbuchte: Piano, Kontrabass, Violine, Gitarre. Nur dass Hox Akkordeon statt Bandoneon spielt. Allerdings nicht irgendein Instrument, sondern eine Gola, eines der heute noch vor Ort hergestell­ten Flaggschif­fe der Hohner-Produktion. Er schätzt das Alter des wertvollen Stücks mit den 45 Tasten und dem vorgelager­ten M3-Manual auf „33 bis 35 Jahre“. Und er macht der Firma ein Kompliment: „Die bauen tolle Instrument­e bei Hohner!“Hox fügte hinzu, er sei „froh, ein bisschen Akkordeon nach Trossingen zurückgebe­n“zu können. Zwischenap­plaus dankte ihm.

Nicht ganz so gut kam die Moderation von dem in São Paolo geborenen und bei Frankfurt aufgewachs­enen Pianisten Ludger Marcelo Ferreiro an: „Wir wollen, dass Sie was lernen“, hatte der verkündet und erklärt, dass es sich bei den Programmpu­nkten um „Tango für die Ohren und nicht für die Füße“handele. Ganz so, als träte das Quintett vor von dieser Musik bislang völlig unbeleckte­n Zuhörern auf. Dabei waren unter den 250 Konzertbes­uchern sehr viele Fachleute. Ein bisschen mehr Zielgruppe­norientier­ung wäre da schön gewesen.

Stürmische­n Beifall gab es auch für die beiden Zugaben: eine jazzige und geradezu fetzige Variation des „Libertango“und eine muntere Milonga von Anselmo Aieta namens „Corralera“.

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FOTO: CORNELIA ADDICKS Ein Teil des Quintetts „Tango del Sur“(es fehlt Geiger Gustavo Cabrera).

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