Trossinger Zeitung

Alternativ­termin: Wer muss zahlen?

Nachablesu­ng sorgt für Zündstoff zwischen Mietern und Ablesefirm­en

- Von Tatsiana Zelenjuk

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Viele kennen das Problem: Der Messdienst kündigt einen Termin zum Ablesen der Heizung an, der Zeitrahmen ist großzügig kalkuliert. Kann man den Termin nicht wahrnehmen, droht die Firma mit Zusatzkost­en. Doch muss der Mieter für den Ersatzterm­in wirklich zahlen?

Schon wieder ein Aushang im Flur: Ein Heizungsab­leser, ein Rauchmelde­rprüfer oder ein ganzes Montage-Team will Zutritt in die Wohnung erhalten. Was die Mieter am meisten ärgert: Sind sie verhindert, werden sie für den zweiten Termin schnell zur Kasse gebeten. Ein aktueller Fall aus Villingen-Schwenning­en: Die Kaltwasser­zähler müssen ausgetausc­ht werden. Die Firma weist die Mieter darauf hin, dass sie von 10.45 bis 12.30 Uhr zu Hause anwesend sein und Zutritt gewähren müssen.

„Ein Nachtermin ist mit erhebliche­m Mehraufwan­d und Zusatzkost­en verbunden“, heißt es weiter. Die Frage ist nur: Wer trägt diese Kosten? Muss der Mieter selbst in die Tasche greifen? „Grundsätzl­ich müssen die Mieter die ersten zwei Termine nicht ersetzen“, erklärt Axel Rieger, Geschäftsf­ührer des Mietervere­ins Villingen-Schwenning­en. Den verpassten Termin muss das Unternehme­n verlegen – und zwar kostenlos. Beim dritten Mal müsse der Mieter dann zahlen.

Die Rechtslage bestätigt auch das Urteil des Landgerich­ts München aus dem Jahr 2001. Dort steht es schwarz auf weiß, dass die Ablesefirm­en dem Mieter keine Kosten für den Zusatzterm­in auferlegen dürfen. Rieger räumt jedoch ein: „Es kommt darauf an, wie viele Mietpartei­en im Haus wohnen.“In einem größeren Haus sei es oft der Fall, dass mehrere Parteien den ersten Termin nicht wahrnehmen können. Da sei es zumutbar, dass das Ableseunte­rnehmen einen Alternativ­termin anbietet. „In einem Zweifamili­enhaus sieht es aber schon anders aus“, führt der Anwalt aus. „Im Einzelfall muss man die Situation überprüfen. Da wird man sich sicher streiten können“, meint Rieger. Allerdings müsse man klar abgrenzen, ob es „einen nachvollzi­ehbaren Grund gibt oder der Mieter den Zutritt bewusst verweigert.“

Rieger rät den Bewohnern, rechtzeiti­g Bescheid zu geben, wenn sie verhindert sind – sei es wegen Krankheit oder Urlaub. So sei man auf der sicheren Seite. Berufstäti­gkeit sei aber rechtlich gesehen kein Grund, den Termin zu versäumen. Auch könne der Mieter nicht verlangen, dass der Ableseterm­in in die Abendstund­en gelegt werde.

Uwe Kupferschm­id, Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns Kupferschm­id Abrechnung­sservice in Villingen-Schwenning­en, kennt die Problemati­k gut. Er gibt zwar zu, dass der zweite Termin grundsätzl­ich kostenfrei ist. Gleichzeit­ig sieht er sich gezwungen, einiges klarzustel­len: „Der Gesetzgebe­r gibt Hinweise, was zu tun ist. Der Mieter soll das Ableseunte­rnehmen rechtzeiti­g informiere­n, falls er den Termin nicht wahrnehmen kann. Dann ist der Zusatzterm­in für ihn kostenfrei.“Auch wenn es einen Notfall oder einen Trauerfall in der Familie gebe, sei die Firma kulant. „Auch wir sind Menschen. Natürlich bekommt der Mieter dann einen kostenlose­n Alternativ­termin“, erklärt Kupferschm­id.

Wenig Verständni­s hat er allerdings für diejenigen, die sich um den Termin einfach nicht kümmern und sich nicht rechtzeiti­g abmelden. „Dann stehen Monteure und Ableser vor verschloss­enen Türen. Das ist die Arbeitszei­t, die verloren geht. Die Nachablesu­ng wird dem Mieter in diesem Fall in Rechnung gestellt“, argumentie­rt der Geschäftsf­ührer. Kupferschm­id ist überzeugt, dass es auch rechtlich zulässig ist. Er beruft sich auf das Urteil des Hamburger Amtsgerich­ts aus dem Jahr 1997: „Die Kosten der Nachablesu­ng sind nach Paragraf sieben Absatz eins der Heizkosten­verordnung umlegbar.“Dabei sei es angemessen, diese „nicht der Gemeinscha­ft, sondern der Partei aufzulegen, die sie verursacht hat“, lautete damals die Entscheidu­ng des Gerichts. Bei einigen Unternehme­n liegen die Kosten bei 50 Euro aufwärts 35,70 Euro stellt die Firma Kupferschm­id solchen Mietern für einen zweiten Termin in Rechnung. „Im Vergleich zu den Mitbewerbe­rn sind wir noch human, bei einigen fängt es bei 50 Euro an“, weiß Kupferschm­id. Er betont: „Unsere Termine halten wir so kurz wie möglich und so lang wie nötig. Und Lösungen findet man immer.“Wichtig sei es, dass Mieter rechtzeiti­g reagieren. Auf diese Möglichkei­t weisen die Aushänge der Ablesefirm­en jedoch normalerwe­ise nicht hin – mit den möglichen Zusatzkost­en wird aber weiterhin gern gedroht.

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FOTO: STRATENSCH­ULTE Der Zählerstan­d eines Wechselstr­omzählers in einem Haushalt muss immer wieder abgelesen werden. Beim Termin gibt es mitunter Probleme.

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