Trossinger Zeitung

Die Lieder von Wehmut und Schmerz sind längst hoffähig geworden

Der Fado erlebt in Lissabon eine Renaissanc­e – erst recht, seit die portugiesi­sche Hauptstadt als Austragung­sort des Eurovision Song Contests 2018 feststeht

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LISSABON (dpa) - In Lissabon findet Mitte Mai der Eurovision Song Contest statt. Portugals Hauptstadt ist dafür der perfekte Ort. Die Stadt des Fado ist nicht nur eine absolute Trendmetro­pole für Citytrips. Sie ist auch eine der musikalisc­hsten Städte Europas.

Im Kellergewö­lbe des alten „Clube de Fado“wird das Licht gedimmt. Mario Pacheco gibt mit seiner portugiesi­schen Gitarre die ersten MollAkkord­e vor. Die Sängerin Cuca Roseta hat die Augen geschlosse­n. Ihre Stimme durchbrich­t mit einer so gewaltigen Stärke die Stille, dass selbst die zahlreiche­n ausländisc­hen Touristen ohne Portugiesi­sch-Kenntnisse sofort verstehen, worum es beim Fado geht: Sehnsucht, Wehmut, Liebe, Schmerz. Fado-Bars in der Altstadt Ein Fado-Konzert ist ein Erlebnis und eine Chance, tief in die portugiesi­sche Seele zu schauen. Lissabon ist 2018 die Stadt des Eurovision Song Contest – vor allem aber ist es die Metropole des Fado. „Wer keinen Fado gehört hat, hat Lissabon nicht kennengele­rnt“, sagt Pacheco, dessen „Clube de Fado“zusammen mit „A Baiuca“, „Casa de Linhares“, „Senhor Vinho“und „Mesa de Frades“zu den angesagten Adressen im hügeligen Altstadtvi­ertel Alfama gehört. Neue Künstlerge­neration Heute begeistern sich auch wieder viele Portugiese­n für ihre melancholi­sch-nostalgisc­he Traditions­musik, nicht nur die Touristen. „So populär wie heute war der Fado schon lange nicht mehr“, versichert Pacheco, einer der bekanntest­en Fado-Gitarriste­n des Landes. „Dank einer neuen Generation von Künstlern erlebt der Fado derzeit eine regelrecht­e Renaissanc­e.“Pacheco spricht von Künstlern wie Carminho, Mariza, Ana Moura, Ana Sofia Varela – und Cuca Roseta.

Unter den Jugendlich­en galt Fado lange als altmodisch. Doch das hat sich in den vergangene­n Jahren gewandelt. Joana Almeida ist dafür der beste Beweis. Sie ist 20 Jahre alt. Vor drei Jahren entdeckte sie ihre Liebe zum Fado. „Es sind vor allem die sehr intimen, tiefgehend­en Texte, die mich für den Fado begeistert haben. Fado ist gesungene Poesie. Da wurde mir der internatio­nale Pop-RockMainst­ream irgendwann einfach zu langweilig“, sagt Almeida.

Es war das ehemalige Maurervier­tel Mouraria, in dem der Fado Anfang des 19. Jahrhunder­ts geboren wurde. „Fado bedeutet Schicksal und wurde vor allem in anrüchigen Kneipen von den Prostituie­rten gesungen“, sagt Sara Pereira, Direktorin des FadoMuseum­s in Alfama.

Wie im Club „Maria da Mouraria“treffen sich auch in den zahlreiche­n Fado-Bars im Bairro Alto spät in der Nacht junge Portugiese­n zu Konzerten. Mal wird klassisch-traditione­ller Fado gespielt, mal ganz moderner. Es gibt sogar Fusion-Varianten mit Jazz oder Elektro-Musik. Das vielleicht bekanntest­e Beispiel für solche Genremisch­ungen ist der portugiesi­sche Musiker Salvador Sobral, der im vergangene­n Jahr mit seinem „Amar pelos dois“den Eurovision Song Contest in Kiew gewann. So verwandelt sich seine Heimatstad­t Lissabon nun vom 8. bis 13. Mai 2018 in Europas Musikhaupt­stadt.

Wer durch Lissabons Ausgehvier­tel wie das Bairro Alto oder Mouraria zieht, kann die facettenre­iche und lebendige Musikszene in den vielen Bars genießen. Im Sommer zeigt sich Lissabon mit einer Vielzahl von Festivals und großen Open-Air-Konzerten besonders musikalisc­h. Das Out Jazz Festival bietet von Mai bis September kostenlose Jazzkonzer­te in den schönsten Parks der Stadt. Weitere Informatio­nen: Fremdenver­kehrsamt Portugal, Zimmerstra­ße 56, 10117 Berlin, Tel.: 030/ 25 41 060 Internet: www.visitportu­gal.com

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FOTOS: DPA Lieder von Wehmut und Weltschmer­z: Fado-Sängerin Cuca Roseta und Mario Pacheco an der portugiesi­schen Gitarre im „Clube de Fado“.
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Salvador Sobral gewann den Eurovision Song Contest 2017 für Portugal.

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