Jáchym Fleig und Stephan Hasslinger
Das Kunstmuseum Singen präsentiert zwei unterschiedliche Kunstrichtungen
SINGEN (sz) - Zwei Ausstellungen in einem Museum, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Im Werk des Freiburger Künstlers Stephan Hasslinger zeigt sich die zeitgenössische Plastik von ihrer glänzenden, verführerischen, ja erotischen Seite. Jáchym Fleig dagegen, geboren in Villingen-Schwenningen, schafft unheimlich wuchernde Gebilde, die Gegenstände, ja ganze Räume befallen und besetzen.
Das Kunstmuseum Singen präsentiert bis zum 1. Juli mit den beiden Ausstellungen „Stephan Hasslinger. Paisley.“und „Jáchym Fleig. Besatz.“zwei Pole der zeitgenössischen Bildhauerei. Beide Künstler erweitern den gängigen Begriff von Skulptur auf ihre je eigenständige, besondere Weise. „Kunst passiert dann, wenn klare Zuordnung unterlaufen wird“(Stephan Hasslinger). Stephan Hasslinger Stephan Hasslinger arbeitet mit dem für Bildhauer eher ungewöhnlichen Material Ton. Seine gerollten Stränge verarbeitet er zu Schlaufen, Schlingen, Netzen, Gittern. Die durchbrochenen keramischen Plastiken – aufgebaut aus ineinander verhakten Ornamentmustern, die er mit einzelnen, glatten Flächen kombiniert – überzieht der Bildhauer mit farbigen Glasuren und glänzenden Lacken, die den Betrachter förmlich anspringen und anlocken.
Mit aberwitzigem Zuckerbäckerund Konditorenwerk, barocken Grotesken, Hüllen des Begehrens, fetischartigen Objekten sind Hasslingers Plastiken verglichen worden. Tatsächlich findet er viele seine motivischen Anregungen im Feld der Maschen und der Mode. Die geschauten „Zünder“aber verwandelt Hasslinger in hybride Objekte, die allesamt, einer äußeren Haut vergleichbar, ein leeres Inneres umschreiben. Im Prozess der Transformation reichert er seine Gebilde weiter an und überführt sie in Wirklichkeiten eigener Ordnung. Jáchym Fleig Jáchym Fleig, 2016 mit dem DEW 21 Kunstpreis ausgezeichnet, arbeitet mit gängigen Baumaterialien wie Gips, Sand, Polyurethanschaum, Dämmplatten, Wabenkartons oder Styropor. Diese schichtet er auf und bildet sie zu plastischen Gebilden um. Mit ihren porösen Oberflächen muten sie an wie Schwämme, Pilze, Ablagerungen, Zersetzungsprodukte, Wespennester oder Waben. Stalaktiten, wie in einer Tropfsteinhöhle, kommen hinzu.
Indem diese merkwürdigen Gebilde gewöhnliche Alltagsgegenstände – Büromöbel, Stühle, Regale – zu besiedeln, gar zu verschlingen scheinen, wirken Fleigs bräunlichgraue Plastiken wie Schmarotzer, die ihren Wirt befallen haben. Und sie setzen sich an Wänden, Decken, Pfeilern und in Raumecken fest; halten ganze Räume besetzt. Etwas Bedrohliches, Unheimliches, aber auch Faszination liegt in der Luft.
Klug bezieht der Bildhauer den Kontrast zum musealen, reinen Ausstellungsraum in seine installativen Szenarien ein. Der Besucher ist konfrontiert mit einer Art unkalkulierbarer Natur, die quer zum Sicherheitsbedürfnis moderner Gesellschaften steht und weiter wuchert. Tatsächlich verändert sich mit Fleigs Inventionen die Wahrnehmung des Raums und der Dinge. Öffentliche Führungen Öffentliche Führungen zu den beiden Ausstellungen finden statt zum Internationalen Museumstag am Sonntag, dem 13. Mai jeweils um 15 und 17 Uhr, sowie am Sonntag, 27. Mai, und am 10. Juni, jeweils um 11 Uhr. Die Museumspädagogik eröffnet im Rahmen des „Familiensonntags“am 22. April von 11 bis 17 Uhr Familien die Gelegenheit, im Anschluss an kindergerechte Kurzführungen durch die Ausstellungen, im Museumsatelier gemeinsam tätig zu werden. Für Erwachsene bietet die „Führung Spezial mit Kreativworkshop“am Freitag, 18. Mai von 19 bis 21.30 Uhr die Gelegenheit nach einem geführten Rundgang durch die beiden Ausstellungen das Gesehene kreativ in eigene Arbeiten einfließen zu lassen. Die Öffnungszeiten sind: Dienstag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr, weitere Infos unter
www.kunstmuseum-singen.de