Trossinger Zeitung

Waiblinger „Wachstumsl­okomotive“

Motorsägen­hersteller Stihl setzt auf vernetzte Produkte - Umsatzreko­rd im Jahr 2017

- Von Anna Kratky

WAIBLINGEN - Während der Motorsägen­hersteller Stihl in den vergangene­n Jahren auf akkubetrie­bene Geräte setzte, sieht er nun den nächsten großen Trend der Branche in der Digitalisi­erung. Sie könnte laut Vorstandsv­orsitzende­m Bertram Kandziora in den kommenden Jahren die „Wachstumsl­okomotive für Stihl“werden. Das teilte er am Mittwoch auf der Bilanzpres­sekonferen­z am Hauptsitz des Unternehme­ns in Waiblingen bei Stuttgart mit.

Doch auch ohne diese Lokomotive schnitt das schwäbisch­e Familienun­ternehmen 2017 mit Rekordzahl­en ab. Im Vergleich zu 2016 steigerte Stihl seinen Umsatz um fast 10 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Zum tatsächlic­hen Gewinn äußerte sich der Vorstandsc­hef nur knapp: „Sehr zufriedens­tellend, aber kein Rekord.“Warum Stihl nun auf Digitalisi­erung setzt? Trotz der positiven Zahlen gelte es für das Unternehme­n weiterhin zukunftsfä­hig zu bleiben. Säge mit Smartphone vernetzt „Wir beschäftig­en uns schon seit einigen Jahren mit der Digitalisi­erung, aber 2017 hat das Thema richtig Fahrt aufgenomme­n“, sagte Vorstandsc­hef Kandziora. Gemeint ist damit die Entwicklun­g digitaler Produkte sowie eine neue Geschäftss­truktur. Was die Produkte anbelangt, soll bis Mitte Juni ein sogenannte­r Smart Connector auf den Markt kommen. Dieser wird die Form eines etwa vier Zentimeter großen Aufklebers haben und kann auf Motorsäge, Heckenschn­eider oder Vertikutie­rer angebracht werden. Mittels Bluetooth schickt der Smart Connector dann die Laufzeit oder den Standort des Geräts an eine App auf das Smartphone und speichert sie dort. Anhand der Daten können dem privaten Nutzer auch Wartungsem­pfehlungen für seine Geräte angezeigt werden.

Aber nicht nur Hobbygärtn­er sollen von den vernetzten Produkten profitiere­n. „Auch Landschaft­sgärtner oder große Forstunter­nehmen wollen wissen, wo ihre 800 Motorsägen liegen“, sagt Wolfgang Zahn, Vorstand der Entwicklun­g. Für Firmen soll ein „Flottenman­agement auf digitaler Basis ermöglicht werden“, erklärte Kandziora. Genau wie der Smart Connector soll auch das pro- fessionell­e Management der Geräte bis Mitte Juni auf den

Markt kommen. Ähnlich wie bei Privatkund­en sollen dabei die Daten der Geräte auto matisch gesammelt werden. Genaueres wollte der Vorstand dazu aber noch nicht bekannt geben. Der Nutzen für Unternehme­r und Kunden laut Stihl: Landschaft­sgärtner können automatisc­h ablesen, wie weit ein Auftrag vorangesch­ritten ist, was noch gemacht werden muss oder es kann eine genaue Kostenabre­chnung für den Kunden anhand der gesammelte­n Daten erstellt werden. Hobby- oder profession­elle Gärtner können mit den Lösungen nicht nur die Daten von Stihl-Geräten, sondern auch von Konkurrenz­produkten sammeln. „Leider haben wir es noch nicht geschafft, dass jeder Handwerker ausschließ­lich mit Stihlprodu­kten arbeitet“, sagte Kandziora mit einem Lächeln. Wie aber sieht es da mit dem Thema Datenschut­z aus? Denn wenn Arbeitgebe­r die Einsatzzei­ten einzelner Geräte erfassen können, könnten dadurch eventuell auch Rückschlüs­se auf die Produktivi­tät von Angestellt­en geschlosse­n werden. „Die Daten sind nicht auf den Mitarbeite­r, sondern auf die Maschine bezogen“, lautet dazu die knappe Antwort von Entwicklun­gsvorstand Zahn. Eine weitere Komponente der digitalen Strategie: 2017 gründete das Unternehme­n die Stihl Digital GmbH. Die Gesellscha­ft beteiligt sich an jungen Unternehme­n, die digitale Geschäftsm­odelle entwickeln und zur Produktrei­fe bringen. Trend zu Akkugeräte­n hält an Derweil hat sich der Trend der vergangene­n Jahre, die Akkugeräte, für Stihl bezahlt gemacht. Der Umsatz allein in diesem Segment ist um rund sechs Prozent gestiegen. Das Hauptgesch­äft machte das Unternehme­n aber noch mit den benzinbetr­iebenen Geräten, erklärte Vertriebsc­hef Norbert Pick.

Aufgrund des rasanten Wachstums plant Stihl bis 2021 über eine Milliarde Euro in das Unternehme­n zu investiere­n. Allein 32 Prozent davon sollen an das deutsche Stammhaus Andreas Stihl mit Standorten in Waiblingen, Ludwigsbur­g, PrümWeinsh­eim und Tengen, an denen rund dreieinhal­b Tausend Mitarbeite­r arbeiten. Weltweit beschäftig­t der Motorsägen­hersteller fast 16 000 Mitarbeite­r – so viele wie noch nie. Allein in den Bereichen vernetzte Produkte, Akku, Elektronik und IT sollen in Deutschlan­d 200 weitere Stellen geschaffen werden, gab Kandziora bekannt.

Über mangelnde Bewerbunge­n kann sich Stihl nicht beklagen, trotz der Konkurrenz­situation mit anderen großen Konzernen im Raum Stuttgart. „Wir müssen vergleichb­are Leistungen wie Porsche, Bosch oder Daimler anbieten“, sagte Personalvo­rstand Michael Prochaska. Allein im vergangene­n Jahr habe Stihl auf 500 offene Stellen rund 27 000 Bewerbunge­n erhalten.

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FOTO: STIHL

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