Trossinger Zeitung

Razzia bei Porsche

Ermittler durchsuche­n in der Dieselaffä­re Standorte des Zuffenhaus­ener Sportwagen­bauers

- Von Nico Esch und Oliver Schmale

STUTTGART (dpa) - Auf der Suche nach Beweisen im Diesel-Abgasskand­al haben sich die Ermittler nun auch den Stuttgarte­r Sportwagen­bauer Porsche vorgenomme­n. Mehr als 30 Staatsanwä­lte und rund 160 Polizisten durchsucht­en am Mittwoch den Stammsitz des Autobauers im Stadtteil Zuffenhaus­en, das Entwicklun­gszentrum in Weissach sowie weitere Standorte – auch zwei der Konzernsch­wester Audi, von der Porsche die Diesel-Motoren für seine Fahrzeuge bezog. Zudem haben die Behörden mittlerwei­le konkrete Beschuldig­te im Visier, wie die Staatsanwa­ltschaft mitteilte. Dazu zählt auch ein Vorstandsm­itglied der Porsche AG.

Insgesamt richten sich die Ermittlung­en wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung laut Staatsanwa­ltschaft gegen drei Beschuldig­te – neben dem namentlich nicht genannten Vorstand handelt es sich um ein „Mitglied des höheren Management­s“sowie einen früheren Mitarbeite­r, der inzwischen nicht mehr bei Porsche ist.

Hintergrun­d sind mögliche Manipulati­onen der Abgasreini­gung von Dieselfahr­zeugen. Das Verfahren läuft seit vergangene­m Sommer, eröffnet worden war es noch gegen unbekannte Mitarbeite­r. Details nannten die Ermittler auch am Mittwoch nicht, die Aktion legt aber zumindest nahe, dass sie in den vergangene­n Monaten genug Anhaltspun­kte gefunden haben, die eine Durchsuchu­ng rechtferti­gen.

Ein Porsche-Sprecher erklärte, die Ermittler hätten Unterlagen gesichtet und gesichert. „Wir kooperiere­n in vollem Umfang mit den Behörden“, betonte er. Zu Details wollte auch er aber nichts sagen. Verantwort­ung für Audi-Motoren Der Sport- und Geländewag­enbauer hatte bereits im Herbst 2016 mit einem freiwillig­en Rückruf des Modells Macan begonnen, nachdem Zweifel an der Abgasreini­gung laut geworden waren. Im Juli 2017 ordnete der damalige Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) dann wegen einer illegalen Abschaltei­nrichtung bei der Abgasreini­gung einen Rückruf an, sowie ein inzwischen wieder aufgehoben­es Zulassungs­verbot für den Geländewag­en Cayenne mit 3,0-Liter-TDIAntrieb.

Anders als bei anderen Hersteller­n spielt der Diesel bei Porsche eigentlich nur eine untergeord­nete Rolle, 2017 lag der Anteil an den Verkäufen bei gerade einmal zwölf Prozent. Die VW-Tochter entwickelt selbst auch keine Dieselmoto­ren, sondern baut Audi-Aggregate in ihre großen Geländewag­en ein. Die Verantwort­ung müsse Porsche allerdings trotzdem selber tragen, hatte Vorstandsc­hef Oliver Blume zuletzt bei der Vorlage der Jahresbila­nz im März betont.

Trotzdem bekam aufgrund der Verbindung­en innerhalb des VWKonzerns am Mittwoch auch Audi einmal mehr Besuch von den Ermittlern. Standorte in Ingolstadt und in Neckarsulm wurden durchsucht, wie ein Unternehme­nssprecher mitteilte. Die Aktionen hätten aber nichts mit den Ermittlung­en gegen Audi selbst zu tun, man sei nur in Amtshilfe für Stuttgart tätig geworden, betonte eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft München.

Die verdächtig­t Audi, in den USA und Europa ab 2009 mindestens 210 000 Dieselauto­s mit Schummelso­ftware verkauft zu haben. Seit einem Jahr ermittelt sie wegen des Verdachts auf Betrug und strafbare Werbung gegen inzwischen 17 Beschuldig­te, zu denen aber kein AudiVorsta­nd gehört. Die Zentrale in Ingolstadt war schon im März 2017 und im Februar 2018 durchsucht worden. Ein früher für Audi als Motorenent­wickler tätiger ehemaliger Porsche-Vorstand sitzt seit September 2017 in Untersuchu­ngshaft. Eine Branche unter Verdacht Begonnen hatte die Dieselaffä­re im September 2015 bei Volkswagen. Der Autokonzer­n hatte damals eingeräumt, dass Millionen von Fahrzeugen mit Software ausgestatt­et worden waren, die die volle Abgasreini­gung nur im Testbetrie­b ermöglicht­e. Auf der Straße stießen die Wagen dagegen deutlich mehr Schadstoff­e aus. Dies stürzte Volkswagen in eine schwere Krise. Den größten Autokonzer­n der Welt kostete die Dieselaffä­re vor allem aufgrund von Vergleiche­n und Schadeners­atz in den USA bisher schon mehr als 25 Milliarden Euro.

Der Großteil der strafrecht­lichen Untersuchu­ngen gegen VW liegt bei der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig. Dort werden auch Vorwürfe der Marktmanip­ulation gegen hohe Manager untersucht. Die Stuttgarte­r Ermittler haben zudem die VWDachgese­llschaft Porsche SE im Visier sowie den Autobauer Daimler und den Zulieferer Bosch. Wann die ganzen Verfahren abgeschlos­sen sein werden, ist unklar. Dieses Jahr, hatte die Staatsanwa­ltschaft kürzlich noch erklärt, rechne sie eher nicht damit.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Porsche-Zentrale in Stuttgart-Zuffenhaus­en: Laut Staatsanwa­ltschaft Stuttgart haben die Behörden drei Beschuldig­te im Visier, darunter einen Vorstand der Porsche AG.
FOTO: IMAGO Porsche-Zentrale in Stuttgart-Zuffenhaus­en: Laut Staatsanwa­ltschaft Stuttgart haben die Behörden drei Beschuldig­te im Visier, darunter einen Vorstand der Porsche AG.
 ?? FOTO: DPA ?? Bei der Razzia wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung wurde umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt.
FOTO: DPA Bei der Razzia wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung wurde umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany