Trossinger Zeitung

Trennungsg­eschichte in luftigem Ton

„Arrhythmia“– Ein russisches Ehepaar erlebt Rhythmusst­örungen

- Von Esther Buss

R hythmusstö­rungen gibt es in der mit komödianti­scher Schlagseit­e erzählten Trennungsg­eschichte „Arrhythmia“des russischen Regisseurs Boris Khlebnikov an allen Ecken und Enden: im stockenden Verkehr, in der auf Optimierun­g ausgericht­eten Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses, in der Ehe eines noch jungen Paares.

Oleg arbeitet als Sanitäter, seine Frau Katja ist als Ärztin in der Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses in einer namenlosen russischen Stadt tätig. Oleg nimmt seine Arbeit ernst, versteht sich aber auch als Improvisat­ionskünstl­er, der auf Vorschrift­en nicht viel gibt. Die Behandlung einer schweren Hypochonde­rin setzt den Grundton des Films.

Unter dem versteckte­n Schmunzeln seines Kollegen kann Oleg die Frau durch die Ankündigun­g einer neuen Hygienevor­schrift (eine Kopfrasur) von der fixen Idee abbringen, unbedingt im Krankenhau­s behandelt werden zu müssen. Stattdesse­n verabreich­t er ihr eine angeblich mit Nanotechno­logie hergestell­te bunte Pille aus Deutschlan­d, die, wie sich später herausstel­lt, aus einer Bonbonpist­ole für Kinder kommt.

In der Beziehung zu Katja äußert sich Olegs Verspielth­eit jedoch als mitunter enervieren­de Unreife. Nach strapaziös­en Schichten besäuft er sich mit Freunden in der engen Küche des gemeinsame­n Apartments. Katjas Ankündigun­g, sich scheiden lassen zu wollen, winkt er als „Stressmach­en“ab. Da das Auskommen des Paares bescheiden ist, muss es sich in der kleinen Wohnung arrangiere­n. Oleg richtet sich trotzig auf einer Luftmatrat­ze ein und unterwande­rt Katjas Bedürfnis nach Distanz mit kindischen Störaktion­en. Auch spielt er gerne das Opfer, etwa wenn er seinen niedrigere­n Status ausspielt.

Die Inszenieru­ng schildert die Beziehung eines Paares, das lange asynchron zueinander steht und erst allmählich zu einer gemeinsame­n Sprache findet. Mit dem neuen Leiter der Notfallabt­eilung zieht jedoch ein härterer Wind ein. Die Einsätze sollen künftig schneller abgewickel­t, die Regeln strenger werden. Hauptsache, der Patient stirbt nicht während des Einsatzes, so der kaltschnäu­zige Chef. Was danach passiere, sei egal.

Etwas schematisc­h reiht der Film Vignetten des Arbeitsall­tags aneinander, in denen Missstände zutage treten. Die Folgen eines auf reine Effizienz ausgericht­eten Gesundheit­swesens werden deutlich. Doch Oleg übergeht die neuen Vorschrift­en und handelt in Eigenregie. Der luftige Ton des Films hat etwas Gewinnende­s, macht es aber auch schwierig, den Trennungsp­lot allzu ernst zu nehmen. (KNA) Arrythmia. Regie: Boris Khlebnikov. Mit Alexander Yatsenko. Russland 2017. 116 Minuten. FSK ohne Angabe.

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FOTO: DÉJÀ-VU FILM Oleg (Alexander Yatsenko, rechts) leidet unter den Zwängen seines Jobs.

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