Zurück auf Gleis 1 ist Ziel
Viel Kritik an Bahn bei Besuch von Jochen Haußmann, verkehrspolitischer Sprecher der FDP im Landtag
SPAICHINGEN - Jochen Haußmann, verkehrspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, hat am Mittwoch die Situation am Spaichinger Bahnhof in Augenschein genommen. Die Bahn steht derzeit in der Kritik wegen der Entscheidung, zur Zeitersparnis IC-Züge nur auf dem schnelleren Gleis 3 fahren zu lassen – das ist jedoch nur über die sogenannte „Hühnerleiter“erreichbar; ein Treppenkonstrukt, das für behinderte Menschen kaum zu bewältigen ist. Eindeutiger Tenor bei Haußmann und den weiteren Teilnehmern einer anschließenden Gesprächsrunde im Rathaus, darunter Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher: Die Bahn müsse ihre Entscheidung rückgängig machen, ICs den Spaichinger Bahnhof wieder auf Gleis 1 ansteuern. Und die Stadt hätte über die Änderung vorab informiert werden müssen.
Es ist ein echter Aufreger derzeit in Spaichingen: Sogar ein Aktionsnachmittag ist anberaumt am 28. April ab 14.30 Uhr am Bahnhof, um den vermaledeiten Ist-Zustand, etwa für Senioren mit Rollatoren, zu vergegenwärtigen (wir berichteten). Bürgermeister Schuhmacher mahnte in diesem Zusammenhang zur „Sachlichkeit“. Man müsse Druck aus dem Kessel nehmen, um das nicht von Spaichinger Seite verursachte Problem zu lösen. Haußmann und das Stadtoberhaupt stießen ins gleiche Horn: „Die Stadt ist nicht beteiligt worden an der Entscheidung – die Bahn hat die Pflicht, den Bahnhof barrierefrei auszubauen.“Schuhmacher: „Das ist unser Trumpf.“ Details „übersehen“Der Landespolitiker vermutete bei dem Termin mit Vertretern mehrerer Ratsfraktionen, den FDP-Fraktionschef Leo Grimm initiiert hatte, dass bei der Bahn und im Landesverkehrsministerium offenbar Details im Zusammenhang mit der Hühnerleiter „übersehen“worden seien. So jedenfalls deutete er eine bislang ausbleibende Antwort auf ein Schreiben an Verkehrsminister Hermann, der wegen der Einholung weiterer Informationen um Fristverlängerung gebeten hat. „Die Aktion am 28. April hat wohl Wellen geschlagen“, vermutete Haußmann. Er kritisierte, dass die Bahn 16 Millionen Euro in ein frisches Werbepaket investiert habe, derweil die Barrierefreiheit an Bahnhöfen weiter auf sich warten lässt: „Was sollen die Spaichinger denken, denen es nach der Entscheidung zum Gleis 3 nun schlechter geht als vorher?“
Es müsse ein Plan her, „wie die Zugänglichkeit zum Gleis 3 hergestellt werden kann“, forderte Haußmann. Gleichzeitig wies er auf das Dilemma hin, dass Spaichingen mit weniger als 1000 Fahrgästen täglich sehr wahrscheinlich nicht im nächsten Bahnhofsmodernisierungsprogramm enthalten sei. Eine Sonderregelung müsse her für die Stadt. Ziel sei eine „monetär neutrale Rückführung“der ICs auf Gleis 1, stellten Haußmann, Schuhmacher und Grimm übereinstimmend fest – auch wenn die Bahn dadurch eine Zeitverzögerung von 40 Sekunden in Kauf nehmen müsse.
Schuhmacher verwies auf bekannt gewordene Überlegungen der Bahn, dass IC-Züge ab 2026 nicht mehr in Spaichingen halten – ein Punkt, den er Haußmann bat im Ministerium zu verifizieren. „Es macht keinen Sinn, zwei bis drei Millionen Euro Steuermittel für eine Unterführung zum Gleis 3 einzusetzen, wenn ich weiß, in einigen Jahren erledigt sich das Thema durch den Fahrplanwechsel.“Dann käme eine Fahrstuhllösung noch günstiger. Schuhmacher: „Zurück auf Gleis 1“wäre das beste.
Der Bürgermeister strebt nun einen Gesprächstermin beim Verkehrsministerium an. Haußmann wies auch darauf hin, dass es auf Gleis 3 bei Schnee oder Regen keine Möglichkeiten zum Unterstellen gebe. Grimm: „Der Tag heute soll dazu beitragen, Druck aufzubauen bei den richtigen Stellen.“ Ein Video sehen Sie bei www.schwaebische.de unter Spaichingen.