Zusätzlicher Unterricht für Flüchtlinge in Ausbildung
Von Anlagen- bis Werkzeugmechaniker: Büffeln in Mathe, Deutsch und Sozialkunde
TUTTLINGEN (pm) - Sie sind in der Ausbildung zum Anlagenmechaniker, Chirurgie- oder Werkzeugmechaniker, Elektroniker, Fotograf, Maler und Lackierer, Kraftfahrzeugmechatroniker, Friseur, Maßschneider oder Klempner: In den Ferien bekamen 25 Flüchtlinge in der Beruflichen Bildungsstätte Tuttlingen (BBT) Nachhilfeunterricht, um Grundlagen aufzuarbeiten, die fehlen, um dem Berufsschulunterricht gut folgen zu können. Das von der Handwerkskammer Konstanz initiierte Projekt soll geflüchteten Menschen in Ausbildung dabei helfen, ihre individuellen Defizite auszugleichen.
Das Interesse der Betriebe sei sehr groß gewesen, heißt es: „Denn während die Arbeit im Betrieb durch Lernen mit den Augen gut klappt, ist es für die geflüchteten Menschen aufgrund der Sprache schwierig, dem Theorieunterricht komplett zu folgen“, erläutert Raimund Kegel von der Handwerkskammer Konstanz. An Tuttlingen bietet die Handwerkskammer daher freiwilligen Ergänzungsunterricht in den Fächern Mathe, Deutsch, Wirtschafts- und Sozialkunde an. Nicole Schneider kümmerte sich zusammen mit Walter Sebastiani, Thomas Stratmann und Peter Häßler und weiteren Teammitgliedern um die Auszubildendengruppe.
Am Anfang stand das Erstellen eines digitalen Wörterbuchs via App auf dem Programm. Am zweiten Tag wurde vor allem gerechnet. Komplexer wurde es am dritten Tag, an dem die Gruppe Einblicke in verschiedene Vertragsarten, AGBs, Lohnabrechnungen und Steuern erhielt. Nach der Einführungswoche wurde ein individueller Lehrplan für jeden Teilnehmer für die kommenden Samstage erstellt, damit der Kurs möglichst nachhaltig wirkt.
Mohammed Musa, der 2015 aus Eritrea nach Deutschland kam, ist froh über den Zusatzunterricht: „Ich möchte mein Deutsch und meine Mathematikkenntnisse verbessern, deswegen bin ich hier. Bereits die Einführungswoche hat mir sehr geholfen.“Sein Ziel ist es, nach seiner Ausbildung als Werkzeugmechaniker, den Meisterbrief zu erlangen und in seiner Heimat das Wissen weiterzugeben.
Amadou Kanyi aus Gambia macht aktuell seine Ausbildung als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungsund Klimatechnik bei der Firma Simon in Kolbingen. Vom Unterricht verspricht sich der 21-Jährige vor allem eine Unterstützung im Fach Mathematik: „Ich möchte viele Matheübungen machen, da Übung den Meister macht. Ich freue mich auf die Samstage. Ich würde sogar sonntags kommen.“ Chef gab Nachhilfe in der Freizeit Amadou Kanyi hatte sich bereits mehrmals um Nachhilfe beworben – ohne Erfolg. Die benötigte Unterstützung leistete schließlich sein Chef Bernd Simon in seiner Freizeit: „Wir haben uns freitagnachmittags zusammengesetzt, Fachbücher angeschaut und Mathe gelernt.“Er als Ausbilder sei dankbar, dass jetzt Grundlagenunterricht von der Handwerkskammer angeboten werde.
Ebenfalls aus Gambia kommt Foday Kanyi, der bereits im November seine Abschlussprüfung als Chirurgiemechaniker vor sich hat. Seine Ausbildung macht der 24-Jährige bei Medi-plus in Nendingen. „Eines der interessantesten Themen diese Woche waren die Steuern in Deutschland. Wir haben sehr viel gelernt. Die Dozenten waren sehr hilfsbereit.“