Tafel feiert zehnjähriges Bestehen
Bei einem großen Straßenfest sind alle Beteiligten zusammengekommen
TROSSINGEN - Der Trossinger Tafelladen und der dazugehörige Kleiderladen haben am Freitag ihr zehnjähriges Bestehen mit einem Straßenfest gefeiert. Festredner wie Besucher waren sich einig: In einer idealen Welt sollte es kein weiteres Jubiläum geben. Nämlich dann, wenn es gelingen würde, Armut in Deutschland zu bekämpfen. Bis dahin aber verteilen die Tafeln Lebensmittel an bedürftige Menschen.
Der Trossinger Tafelladen ist in den vergangenen zehn Jahren zu einer Institution geworden. Entstanden aus einer Idee von Evelyn Klein und Rita Buggle-Fink. „Als 2005 die Hartz-IVGesetze in Kraft traten, war in vielen Köpfen der Gedanke, dass es bei uns keine Armut gibt.“Dass dies nicht stimme, das sei schnell auch den Kirchen klar geworden, so Buggle-Fink weiter. „Die ökumenische Ausrichtung der Trägerschaft war uns wichtig“, betonte sie. Kritik übte ihre Mitstreiterin Evelyn Klein: „Der Staat zieht sich in diesen Bereichen aus der Verantwortung. Warum sonst sind immer mehr Rentner auf die Tafeln angewiesen?“.
Jede Menge Lob und Wertschätzung erfuhr das Team der Tafel von den nachfolgenden Festrednern. Bürgermeister Clemens Maier warf die Frage auf: „Was bedeutet Hartz-IV: Ist es Armut oder deren Vermeidung?“. Ein Richtig oder Falsch gebe es in diesem Punkt nicht, so Maier weiter. Die Arbeit der Tafel sei notwendig. Wünschenswert sei es, dass diese Arbeit überflüssig werde, „aber bis dahin ist es schön, dass Sie sich hier einsetzen“.
Sozialdezernent Bernd Mager warf einen Blick zurück: „Am Anfang ging es bei der Tafel darum, Essen vor dem Wegwerfen zu bewahren. Dass man damit auch bedürftigen Menschen helfen kann, ist großartig.“Außerdem seien innerhalb der vergangenen zehn Jahren 124 Ein-Euro-Jobs im Tafelund Kleiderladen entstanden. „Sie haben hier eine Tagesstruktur und eine Aufgabe gefunden.“Das Jobcenter habe auf diesem Weg fast eine halbe Million Euro in das Projekt investiert. Doch ganz klar sei: „Ohne die Arbeit von Ehrenamtlichen würde eine solche Einrichtung nicht funktionieren.“
Wie wichtig der Einsatz der Ehrenamtlichen ist, unterstrich auch Udo Engelhardt, Vorstandsmitglied im Landesverband der Tafeln in BadenWürttemberg, und betonte eine Besonderheit der Trossinger Tafel. „Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Tafelladen ein solches Gemeinschaftsprojekt ist.“Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft, die zwei großen christlichen Kirchen und die Stadt würden zeigen, wie eine ökumenische Gemeinschaft im besten Sinne funktioniere. Sorgen um Zukunft Udo Engelhardt, der für die Singener Tafel verantwortlich ist, richtete aber auch warnende Worte an die Zuhörer. „Wir schwimmen momentan auf einer Welle der Superkonjunktur, aber es kann schnell mal Einbrüche geben.“Dann stelle sich die Frage: „Wie lange haben wir noch so viele Lebensmittelspenden?“
Pfarrerin Gabriele Großbach sprach im Namen der verantwortlichen Gesellschafterversammlung ihren Dank an die Helfer und Spender aus: „Danke an alle, die seit zehn Jahren so treu spenden.“Denn ohne die Lebensmittelmärke, Einzelhändler oder privaten Spender blieben die Regale der Tafel leer. Ihren Dank richtete sie auch an die Ehrenamtlichen und die Ein-Euro-Jobber: „Sie sind die große Stütze.“
Gastgeber des stimmungsreichen Straßenfests waren Manuela Schwarzwälder und Melitta Jekel. Sie führen gemeinsam den Tafelladen. „So manche Geschichte in den letzten zehn Jahren hat uns bewegt. Wir sind froh, so manches Leid mindern zu können“, sagte Melitta Jekel.
Mit viel Schaffenskraft will deshalb das Tafelteam auch in Zukunft das Leben von bedürftigen Menschen ein Stück weit einfacher machen. Pfarrer Torsten Kramer und Pfarrer Thomas Schmollinger hatten dafür auch das richtige Geschenk dabei: Schürzen von der Nähgruppe Fadenlauf. Ein Video vom Jubiläum der Tafel finden Sie unter https://bit.ly/2vsET2p