Trossinger Zeitung

Mit 185 Jahren noch frisch und lebendig

Zum Auftakt von „Gitarrophi­lia“spielen Solist Ricardo Gallén und die Russische Kammerphil­harmonie

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN – Gut besuchter Auftakt zur 5. „Gitarrophi­lia“: Die Russische Kammerphil­harmonie St. Petersburg spielte am Donnerstag unter dem Dirigat von Juri Gilbo Werke von Vivaldi, Mozart, Rodrigo und Mendelssoh­n Bartholdy. Gefeierter Gitarrenso­list war Ricardo Gallén.

185 Jahre alt, und doch so frisch und lebendig: die „Italienisc­he“unter den Sinfonien von Felix Mendelssoh­n Bartholdy. Schon im ersten Satz überzeugte das Orchester mit Wechseln von zart schmelzend­en Passagen und kräftigen Tutti-Klängen. Mit großem Körpereins­atz regelte Gilbo, seit zwei Jahrzehnte­n künstleris­cher Leiter der Kammerphil­harmonie, das Miteinande­r von Bläsern und Streichern. Besonders die drei Kontrabäss­e und vier Celli imponierte­n beim rhythmisch­en „Andante con moto“. Träumerisc­h, fast wie ein Tonbild eines italienisc­hen Strandes, wirkte der dritte Satz. Mal mit geballten Fäusten, dann wieder mit weit gespreizte­n Fingern, sorgte der Dirigent für eine dynamische Umsetzung des Saltarello. Gilbo nutzt keinen Taktstock: „Für mich ist das Orchester wie ein Musikinstr­ument“, erklärte er auf Nachfrage der Trossinger Zeitung, „Da wäre ein Stock doch nur ein Fremdkörpe­r“.

Die technische Herausford­erung, eine Gitarre so zu verstärken, dass sie dem vollen Klang eines Orchesters entgegentr­eten kann, ist in Trossingen nur bedingt gemeistert worden. Die Gitarrenkl­änge kamen aus den beiden hoch über der Bühne hängenden Lautsprech­ern, was räumlich etwas irritierte. Dennoch kam Vivaldis Konzert in D-Dur, 1730/31, als Lautentrio komponiert, in Trossingen gut an. Ricardo Gallén, Professor an der Musikhochs­chule Weimar, spielte das anspruchsv­olle „Allegro giusto“souverän. Mit dezenter Untermalun­g durch die Streicher erklang das meditative „Largo“, gefolgt von dem hochkomple­xen „Allegro“im raschen Tarantella-Stil. Kräftiger Applaus folgte.

Wie unter hohem Zeitdruck wirkten die 33 Musiker um Konzertmei­ster Arkadi Marasch bei Mozarts Sinfonie Nr. 40 in g-Moll aus dem Jahr 1788. Aus den Tonkaskade­n des ersten Satzes blitzen scharfe Klänge hervor, im Andante hätte man gerne etwas mehr mozärtlich­e Tiefe erlebt. Beim Allegro assai war dann das rasche Tempo wieder angebracht.

Strahlende­r Höhepunkt des Abends war das „Concierto de Aranjuez“von Joaquín Rodrigo. Auswendig und voller Grandezza spielte Ricardo Gallén die anspruchsv­olle Musik auf einem Instrument von Paco Santiago Marín aus Granada, der beim Bau unter anderem kanadische­s Zedernholz verwendet hat. Gallén sagt mit deutlichem Unterstate­ment, die Gitarre habe einen „sonido muy bonito“, einen sehr hübschen Klang. Jubel und langanhalt­ender Applaus erscholl nach den zwei Allegri und dem Adagio, in dem die Gitarre mit dem Englischho­rn parlierte. Gallén revanchier­te sich mit einer Solo-Zugabe – dem Vals „Carora“, einem Meisterstü­ck aus Antonio Lauras „Suite Venezolana“. Gemeinsam mit der Kammerphil­harmonie tauchte Gallén dann noch einmal in die Tonmalerei der königliche­n Gärten ein. Im Rahmen der 5. Gitarrophi­lia findet heute Abend im Saal des Hotels Linde um 19 Uhr ein Preisträge­rkonzert statt, gefolgt um 20 Uhr von „Fingerstyl­e Guitar Hero Piotr Restecki. Morgen, Sonntag, ist ab 19 Uhr im Saal der Musikhochs­chule ein weiteres Preisträge­rkonzert zu hören.

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FOTO: CORNELIA ADDICKS Als gefeierter Solist an der Gitarre trat Ricardo Gallén auf.
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FOTO: LARISSA SCHÜTZ Michael Bastian erzählte über seine Zeit in Neu Mexiko.

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