Trossinger Zeitung

Der OB agiert jetzt völlig losgelöst

Ohne Wahlen im Nacken beschließt es sich ganz ungeniert auch „gegen“Vorzeigeve­reine

- Von Cornelia Spitz

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Noch nie war sein Mut, unpopuläre Entscheidu­ngen zu treffen, so groß wie heute. Seit Oberbürger­meister Rupert Kubon seinen Verzicht auf eine erneute OB-Kandidatur bekannt gegeben hat, agiert er völlig losgelöst.

Er stellt sich gegen den Mainstream, fällt eine ganze Reihe von Entscheidu­ngen, die dazu geeignet sind, ganze Wählergrup­pen auf einen Rutsch zu verprellen oder politische Wegbegleit­er zu vergraulen. Der noch amtierende Oberbürger­meister Rupert Kubon handelt souverän wie nie zuvor. Worauf sich dieser Mut gründet, gab er am Mittwochab­end in der Sitzung des Verwaltung­sausschuss­es selbst zu: „Ich habe ja nächstes Jahr keine Kommunalwa­hlen“, sagt er grinsend.

CDU-Gemeindera­t Klaus Martin setzte, ebenfalls grinsend, hinzu: „Und auch keine Oberbürger­meisterwah­len.“Keine Verbindlic­hkeiten mehr, keine Wahlen im Nacken, da lassen sich Karten schon mal offen auf den Tisch legen. Und das tat Kubon dann auch: Zuerst, als es um die millionens­chwere Ertüchtigu­ng des EBM-Papst-Stadions des FC 08 Villingen ging. Er stand zu seinen Bauchschme­rzen beim Gedanken, Millionen ins Stadion zu investiere­n, um dieses fit zu machen für einen Aufstieg des FC 08 in die Regionalli­ga Südwest. Schließlic­h sei der Aufstieg ja noch nicht einmal sicher und könne ein Verein durch zu schnelle Aufstiege schon auch einmal überforder­t sein. Fazit: Kubon enthielt sich seiner Stimme und versagte dem populären Villinger Vorzeigeve­rein damit die Unterstütz­ung in Sachen Stadionaus­bau. Für Kubon ist Curling eine Randsporta­rt Ein Tagesordnu­ngspunkt später eine ähnliche Situation. Dieses Mal ging es um den Curlingver­ein, für den die Bahn saniert werden sollte. Über 600 000 Euro müssten alleine für dessen Zwecke in die Kunsteisba­hn investiert werden. Millionen sollen parallel dazu in weitere Ertüchtigu­ngen der Kühlanlage­n und der Bahn II wandern. Doch nach reiflicher Überlegung erteilte Kubon auch hier eine unpopuläre Absage: „Ich will mich enthalten“, der Curlingspo­rt sei eine klare Randsporta­rt – nichtsdest­otrotz: diese Randsporta­rt sitzt in der Kunsteisba­hn und die ist bekanntlic­h auch die Heimat des Prestigeve­reins der Doppelstad­t schlechthi­n: der SERC Aufsichtsr­at und Sportbeira­t hatten zugestimmt.

Ausufernde Rechtferti­gungen, Entschuldi­gungen oder Erklärunge­n sparte sich Kubon in seiner neugewonne­nen Souveränit­ät, niemandem mehr etwas beweisen zu müssen und keine Abhängigke­iten von Ämtern und Gönnern mehr zu spüren. Stattdesse­n erlebt Villingen-Schwenning­en seit Wochen einen bestens gelaunten, gelösten Oberbürger­meister, der selbst in zermürbend­en Gemeindera­tssitzunge­n immer noch für einen kleinen Scherz am Rande zu haben ist.

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