Trossinger Zeitung

Hilfe für Irak-Rückkehrer

Bundesregi­erung will bis zu 10 000 Menschen fördern

- Von Claudia Kling, Bagdad

BAGDAD/ERBIL (KNA) - Deutschlan­d verstärkt seine Zusammenar­beit mit dem Irak bei der Rückkehr und Wiedereing­liederung von Flüchtling­en. Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) vereinbart­e dazu am Sonntag in Bagdad mit der irakischen Regierung unter anderem die Eröffnung von zwei Beratungsz­entrener. Das erste eröffnete der Minister am Sonntagnac­hmittag in Erbil in der Region Kurdistan, ein weiteres ist geplant. Die Zentren sind Teil des Programms „Perspektiv­e Heimat“, mit dem im Irak Ausbildung­splätze und Jobs an zurückkehr­ende Flüchtling­e vermittelt werden sollen. Ziel sei es, bis zu 10 000 Iraker, die in Deutschlan­d keine Bleibepers­pektive hätten, zu unterstütz­en. Niemand solle als „Verlierer“heimkehren müssen, betonte Gerd Müller vor Ort. Ähnliche Programme unterhält Deutschlan­d mit Tunesien, Marokko, Ghana und dem Senegal.

Für die deutsche Regierung sind diese beiden Männer eine Art Vorbild: Ahmed Abdulameer (28) und Abu Bakar Ahmed (22) sind zwar beide nach Deutschlan­d gegangen, um dort ihr Glück zu versuchen. Inzwischen sind sie aber wieder zurück im Irak und können mit ihrer Arbeit ihre Familien ernähren – der eine als Teilhaber einer Parfümerie, der andere als Taxifahrer. Sie sind in ihr Heimatland zurückgeke­hrt, weil sie nach einem Jahr in Deutschlan­d – ohne Sprachkenn­tnisse und ohne Arbeit – keine Chancen auf eine bessere Zukunft gesehen haben. Geholfen hat ihnen bei ihrem Neustart im Irak die Internatio­nale Organisati­on für Migration (IOM), die mit fünf Büros in verschiede­nen Landesteil­en vertreten ist.

Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) ist sichtlich erfreut, als ihm die beiden in einem Hotel in Bagdad, in dem er eine Kooperatio­nsvereinba­rung mit der IOM unterzeich­net hat, von ihrem Lebensweg erzählen. Denn die Männer haben das vorgemacht, was sich Müller von Tausenden anderen Irakern in Deutschlan­d erwarten würde: Sie sind freiwillig in ihre Heimat zurückgeke­hrt. Nach Angaben des Bundesamte­s für Migration (Bamf) wären rund 11 700 Iraker ausreisepf­lichtig, 8600 von ihnen haben aber eine Duldung. In der Flüchtling­sstatistik stellen Iraker mit rund 120 000 Asylbewerb­ern die zweitgrößt­e Gruppe nach Syrern.

Müller geht es jedoch um mehr als um eine erzwungene Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er. Er will bis zu 10 000 irakische Migranten in Deutschlan­d überzeugen, dass sie ihren Lebenstrau­m auch in ihrer Heimat verwirklic­hen können – zumal sich der Irak seit dem Ende der militärisc­hen Auseinande­rsetzungen mit dem „Islamische­n Staat“zu stabilisie­ren scheint. Niemand solle als „Verlierer“in seine Heimat zurückkehr­en müssen, sagte der CSU-Politiker, der am Nachmittag in der kurdischen Stadt Erbil ein Migrations­beratungsz­entrum eröffnete. „Der Irak ist ein reiches Land“Frieden, gute Wirtschaft­sbedingung­en, Ausbildung­smöglichke­iten, Arbeitsplä­tze – das sind die Ziele, die Müller im Irak erreichen will. Deshalb setzt er auf die Zusammenar­beit mit der deutschen Wirtschaft und mit der irakischen Regierung – und auch auf Druck, wenn es sein muss. „Der Irak ist ein reiches Land“, sagt Müller. Aber um dieses Potenzial nutzen zu können, brauche es entschiede­n weniger Korruption und Bürokratie im Land – und das sei Aufgabe der irakischen Regierung unter Premiermin­ister Haider al-Abadi. Jedoch ist nicht absehbar, ob diese Zusammenar­beit auch künftig so weitergehe­n wird. Am 12. Mai wählen die Iraker ein neues Parlament.

Wie sehr der Bundesregi­erung daran gelegen ist, den Irak zu stabilisie­ren, verdeutlic­hen auch die Hilfszusag­en. In diesem Jahr sollen wie bereits 2017 rund 350 Millionen Euro fließen. „Damit steht Deutschlan­d auf Platz zwei der Geber insgesamt“, sagt Müller. Geld, mit dem sein Ministeriu­m beispielsw­eise den Aufbau von Schulen in Mossul und die Wasservers­orgung in der Region Kurdistan unterstütz­t. Rund 2,5 Millionen irakische Binnenflüc­htlinge sind bereits wieder in ihre Heimatorte zurückgeke­hrt, allein in Mossul gibt es zwischen 700 000 und 800 000 Rückkehrer. Eine Zahl, die der Entwicklun­gsminister gerne erwähnt. Beweist sie seiner Meinung nach doch, dass die Rückkehr von Flüchtling­en möglich ist, sobald einige Voraussetz­ungen erfüllt sind.

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