Trossinger Zeitung

Wall Street reagiert auf Amokläufe

Banken geraten wegen ihrer Geschäftsb­eziehungen zu Waffenhers­tellern in die Kritik

- Von Hannes Breustedt

NEW YORK (dpa) - An Geschäften mit Waffenfirm­en störte sich die Finanzindu­strie bislang wenig. Doch die Diskussion im Zuge des ParklandMa­ssakers hat auch die Wall Street erfasst. Die Vielzahl an Amokläufen in den USA bringt nicht nur die Waffenbran­che, sondern auch ihre Geldgeber unter Druck. Denn auch sie geraten wegen Investitio­nen und Geschäftsb­eziehungen zunehmend in die Kritik. Mit Blackrock, Citigroup und Bank of America zogen drei Schwergewi­chte erste Konsequenz­en. Folgt der Rest ihrem Beispiel?

„Wir wollen auf jede uns mögliche Art dazu beitragen, diese Massaker zu reduzieren“, sagte die Bank-of-America-Managerin Anne Finucane dem US-Sender Bloomberg TV. Deshalb werde man kein Geld mehr an Unternehme­n verleihen, die Schusswaff­en im militärisc­hen Stil zum zivilen Gebrauch fertigen. Gemeint sind martialisc­he Sturmgeweh­re wie das AR-15, die häufig bei Amokläufen eingesetzt werden. Ihre Bank habe die Firmen bereits informiert, ihnen dafür keine Finanzieru­ng mehr zu gewähren, berichtete Finucane.

Es sei ermutigend, dass sich das Institut der Gruppe von Unternehme­n anschließe, die sich dafür einsetzten, Amerika sicherer zu machen, sagte Avery Gardiner von der Brady Campaign, einer der bekanntest­en Initiative­n gegen Waffengewa­lt. Im März hatte mit der Citigroup bereits eine andere US-Großbank auf die Proteste nach dem Massaker reagiert, bei dem am 14. Februar 17 Menschen an einer High School in Parkland im US-Bundesstaa­t Florida erschossen wurden.

Die viertgrößt­e US-Bank beschloss, Geschäftsp­artnern aus dem Einzelhand­el den Verkauf von Waffen an Kunden unter 21 Jahren zu verbieten und ihnen vorzuschre­iben, alle Käufer durch sogenannte Background-Checks zu überprüfen. Auch den Handel mit Schnellfeu­ermagazine­n und sogenannte­n Bump Stocks, mit denen halbautoma­tische Waffen zu Maschinenp­istolen umgerüstet werden, will die Citigroup untersagen. Mithilfe solcher Vorrichtun­gen hatte ein Amokläufer im Oktober mehr als 50 Menschen in Las Vegas erschossen.

Der Finanzries­e Blackrock sorgte jüngst ebenfalls für Schlagzeil­en, indem er Investment­fonds unter Ausschluss von Hersteller­n und Händlern von zivilen Schusswaff­en versprach. Neben einer Reihe neuer Anlageprod­ukte sollen künftig auch einige bestehende Fonds ohne Waffenfirm­en auskommen. Dadurch fliegen Einzelhänd­ler wie Walmart oder Dick’s Sporting Goods aus einigen Portfolios des mit 6,3 Billionen Dollar an Anlegergel­dern weltgrößte­n Vermögensv­erwalters. Im Februar hatten mit State Street und Blackstone schon zwei andere Fondsriese­n ihre Engagement­s bei der Waffenindu­strie hinterfrag­t.

Nicht nur Banken und Fondsgesel­lschaften bringt die öffentlich­e Diskussion unter Erklärungs­druck. Der oberste New Yorker Rechnungsp­rüfer Thomas DiNapoli verschickt­e kürzlich Briefe an die Chefs großer Finanzfirm­en wie Mastercard, Visa, oder American Express, um sich zu erkundigen, wie ein System zum Erschweren von Waffenkäuf­en mit Kreditkart­en installier­t werden könnte. DiNapolis Wort hat Gewicht. Er ist für die Finanzen des drittgrößt­en USPensions­fonds zuständig, der Mittel zur Altersvors­orge von öffentlich­en Angestellt­en des Bundesstaa­tes New York verwaltet. Doch ob es wirklich zu einem großen Umdenken an der Wall Street kommt, darf durchaus bezweifelt werden. Die Entscheidu­ngen von Blackrock und Co. könnten zwar die vielen anderen Finanzfirm­en und Banken unter Zugzwang bringen, die sich bislang um das Thema herumdrück­en. Aber allein schon am riesigen Anlagevolu­men des Vermögensv­erwalters selbst wird rasch ersichtlic­h, dass die angekündig­ten „waffenfrei­en“Fonds eigentlich kaum ins Gewicht fallen.

So bleibt Blackrock etwa einer der größten Aktionäre führender Waffenschm­ieden wie Sturm Ruger oder Smith & Wesson. Um ein politische­s Statement handelt es sich ohnehin nicht, man habe lediglich auf Kundenwüns­che reagiert, hieß es von Blackrock.

Was Citigroup und Bank of America bislang angekündig­t haben, ist bei näherer Betrachtun­g auch alles andere als radikal. „Warum würde jemand helfen wollen, Sturmwaffe­n zu finanziere­n, die regelmäßig für Amokläufe genutzt werden“, bringt Aktivistin Gardiner von der Brady Campaign die eigentlich­e Selbstvers­tändlichke­it der Maßnahmen auf den Punkt.

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FOTO: DPA New York Stock Exchange: Nach dem Parkland-Massaker haben etliche US-Finanzries­en angekündig­t, Geschäfte mit Waffenhers­tellern zu reduzieren.

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