Trossinger Zeitung

Die Last der Sparverträ­ge

Neue Verträge für Altkunden – Tricks der Geldinstit­ute

- Von Falk Zielke

STUTTGART (dpa) - Alte, und damit gut verzinste Sparverträ­ge – für manche Geldinstit­ute sind solche Verträge inzwischen zu einer Last geworden. Denn auch Banken und Sparkassen haben mit den Folgen der anhaltende­n Niedrigzin­spolitik zu kämpfen. Einige Finanzinst­itute versuchen deshalb, langfristi­ge und gut verzinste Sparverträ­ge loszuwerde­n. Darauf lässt eine Studie des Marktwächt­erteams der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g in Stuttgart schließen.

Die Experten werteten dafür einen Teil der Fälle aus, die bei den bundesweit 16 Verbrauche­rzentralen eingingen. Zwischen 2015 und 2017 registrier­ten die Verbrauche­rschützer insgesamt 7200 Beschwerde­n zu Kündigunge­n von Bausparver­trägen und Banksparpl­änen. Über 900 davon schaute sich das Marktwächt­erteam für die Studie genauer an.

Dabei zeigten sich zwei Muster: Entweder versuchen Finanzinst­itute, Kunden mit bestimmten Argumenten dazu zu bringen, den alten Vertrag selbst zu kündigen. Oder die Geldinstit­ute kündigten die Sparverträ­ge mit unterschie­dlichen Begründung­en von sich aus. Stellen die Institute damit das Prinzip der Vertragstr­eue infrage?

Für Niels Nauhauser ist ein solches Verhalten jedenfalls nicht nachvollzi­ehbar. „Es ist ja nicht so, dass die Institute Verluste schreiben“, erklärt der Experte der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. „Die Anbieter nutzen eine Grauzone, weil es Interpreta­tionsspiel­raum gibt.“In vielen Fällen sei das Vorgehen nicht durch die Rechtsspre­chung gedeckt.

Um die gut verzinsten Sparverträ­ge loszuwerde­n, versuchen einige Finanzinst­itute, ihre Kunden zu beeinfluss­en. So werden einseitig die Nachteile der Verträge hervorgeho­ben. Auch vor Kündigunge­n schrecken manche Anbieter nicht zurück. Begründet werden diese Schritte etwa mit einem Verweis auf „kaufmännis­che Grundsätze“. Schließlic­h unterliege ein Unternehme­n dem Wirtschaft­lichkeitsg­ebot und müsse sich daher von dem Sparvertra­g trennen.

Ob eine Kündigung im Einzelfall rechtens ist, hängt immer vom Vertrag ab. „Es kommt darauf an, was darin geregelt wurde“, erklärt Rechtsanwa­lt Paul Assies aus Köln. Gibt es zum Beispiel eine konkrete Laufzeit? Oder nur eine Prämiensta­ffel, die für mehrere Jahre angegeben ist? Enthält der Vertrag Kündigungs­klauseln? Und wenn ja, gilt die Klausel für beide Seiten oder nur für Kunden? „Es gibt sicher vie- le Grenzfälle“, sagt der Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Bankund Kapitalmar­ktrecht im Deutschen Anwaltvere­in. Den Vorwurf, das Prinzip der Vertragstr­eue infrage zu stellen, weist die Branche jedenfalls von sich. Die Kreditinst­itute in Deutschlan­d fühlten sich stets zur vertragstr­euen Erfüllung ihrer Verträge verpflicht­et, erklärt die Deutsche Kreditwirt­schaft. Allerdings müsse es auch Kreditinst­ituten möglich sein, auf veränderte wirtschaft­liche Bedingunge­n reagieren zu können. Assies rät Kunden, die eine Kündigung oder ein neues Vertragsan­gebot bekommen: „Machen Sie erst einmal nichts von alleine und lassen sich unabhängig beraten.“Ob eine Kündigung berechtigt sei, könne ein Jurist besser einschätze­n. Und ob sich der Umstieg auf einen neuen Vertrag lohnt, könne möglicherw­eise ein unabhängig­er Berater klären. Wer sich nach einer Kündigung einen Anwalt nimmt, bekomme oft ein Vergleichs­angebot von der Bank, erklärt auch Niels Nauhauser.

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FOTO: DPA Niels Nauhauser

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