Trossinger Zeitung

Neue Waffen für die Bundeswehr

Wunschlist­e der Verteidigu­ngsministe­rin durchgesic­kert – Grüne Brugger übt Kritik

- Von Tobias Schmidt, Ulrich Mendelin und dpa

BERLIN/RAVENSBURG - Geht es nach Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU), wird die unter Ausrüstung­smängeln leidende Bundeswehr neue Waffen für einen hohen dreistelli­gen Millionenb­etrag erhalten. Mehrere Medien hatten über eine Liste des Verteidigu­ngsministe­riums mit 18 Einzelpost­en mit einem Bestellwer­t von jeweils über 25 Millionen Euro berichtet. Ein Sprecher des Ministeriu­ms bestätigte am Montag in Berlin, dass der Bundestag im Februar eine Liste mit Beschaffun­gsprojekte­n erhalten habe.

Den Berichten zufolge soll die Truppe 18 neue Raketenwer­fer „MARS II“, sieben Rettungshu­bschrauber und sechs „Hercules“Transportf­lugzeuge erhalten. Auch ein Leasingver­trag für die bewaffnung­sfähige Kampfdrohn­e „Heron TP“aus Israel soll enthalten sein. Darauf hatten sich Union und SPD im Koalitions­vertrag verständig­t. Ob Waffen für die umstritten­e Drohne bestellt werden, muss vom Bundestag entschiede­n werden.

Weitere Rüstungspr­ojekte sind Gefechtsst­ände, Fernmeldet­echnik für Fregatten und 32 Sattelzugm­aschinen für den Waffentran­sport. Der Schützenpa­nzer „Puma“soll verbessert und für den Hubschraub­er „NH90“soll ein neuer Instandhal­tungsvertr­ag festgezurr­t werden.

Mittelfris­tig wird zudem noch mehr Geld nötig sein, um die Bundeswehr einsatzfäh­ig zu halten. Nach Berechnung­en der Regierung werden für die kommenden 15 Jahre insgesamt 130 Milliarden Euro benötigt.

Die aktuellen Projekte sind größtentei­ls nicht neu, doch diesmal will sie von der Leyen umsetzen. „Es geht um die Zukunftsfä­higkeit unserer Bundeswehr und die Verlässlic­hkeit Deutschlan­ds gegenüber unseren Partnern“, so die CDU-Politikeri­n. Dass der Wunschzett­el jetzt publik wurde, dürfte damit zu tun haben, dass die Haushaltsv­erhandlung­en in die heiße Phase gehen. Denn die Finanzieru­ng ist nicht gesichert und die Liste vorläufig, wie die Beamten des Ministeriu­ms schreiben. Was angeschaff­t werde, hänge „davon ab, wann und mit welcher Finanzauss­tattung das Haushaltsg­esetz verkündet wird“. Am 2. Mai geht der Haushaltse­ntwurf von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) ins Kabinett.

Der Wehrbeauft­ragte des Deutschen Bundestage­s stellte sich hinter die Ministerin. „Wenn jetzt nicht zusätzlich­es Geld in die Truppe und ihre Ausrüstung fließt, können wir die überfällig­en Trendwende­n vergessen – sowohl beim Personal als auch beim Material“, sagte Hans-Peter Bartels (SPD) am Montag.

Kritik kam von der Opposition. Die grüne Verteidigu­ngsexperti­n Agnieszka Brugger sagte zur „Schwäbisch­en Zeitung“, dass es auf der Liste „natürlich sinnvolle Projekte gibt, gleichzeit­ig gibt es aber auch eine Reihe von hoch umstritten­en Projekten“. Von der Leyen setze wie „schon oft die falschen Prioritäte­n“, so Brugger.

RAVENSBURG - Mit Anschaffun­gswünschen im hohen dreistelli­gen Millionenb­ereich geht Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen in die Haushaltsv­erhandlung­en. Grünen-Verteidigu­ngsexperti­n Agnieszka Brugger erläutert im Gespräch mit Ulrich Mendelin, warum mehr Geld die Probleme der Bundeswehr aus ihrer Sicht nicht lösen wird. Die Bundesvert­eidigungsm­inisterin fordert mehr Geld – unter anderem für Rettungshu­bschrauber, Transportf­lugzeuge, Raketenwer­fer und Drohnen. Setzt sie die richtigen Schwerpunk­te? Natürlich gibt es auf der Liste auch sinnvolle Projekte, ob das der Kauf von Rettungshu­bschrauber­n oder die Bekleidung von Soldatinne­n und Soldaten ist. Gleichzeit­ig gibt es aber auch eine Reihe von hoch umstritten­en Projekten. Ursula von der Leyen hat schon oft die falschen Prioritäte­n gesetzt, weil für sie nicht die Notwendigk­eiten der Bundeswehr, und auch nicht die Interessen der Steuerzahl­erinnen und Steuerzahl­er ausschlagg­ebend sind, sondern oft ihr Prestigede­nken oder auch die Wahlkreisw­ünsche einzelner Koalitions­abgeordnet­er. Können Sie für Letzteres ein Beispiel nennen? Ursula von der Leyen hat das Hochrisiko­projekt Meads wiederbele­bt, ein Luftabwehr­system. Das hatte ihr Vorgänger Thomas de Maizière aus guten Gründen beendet, weil in der Entwicklun­g schon viel Steuergeld versenkt wurde. Da haben einzelne Koalitions­abgeordnet­e mit Blick auf ihre Wahlkreise versucht, Druck auszuüben. Dieses Projekt droht mehrere Milliarden Euro zu verschling­en, weil es mit hohen Risiken behaftet ist. Zugleich haben sich die europäisch­en Partner für andere Lösungen entschiede­n, was auch die Zusammenar­beit in dem Bereich erschweren wird. Ein wichtiger Punkt ist die geplante Beschaffun­g israelisch­er HeronTPKam­pfdrohnen, die aber ohne Waffen geliefert werden. Ist damit eine Vorentsche­idung dafür gefallen, dass die Bundeswehr irgendwann Kampfdrohn­en einsetzt? Drohnen sind zu Recht ein hoch umstritten­es Waffensyst­em, das von vielen Staaten jenseits des Völkerrech­ts eingesetzt wird. Wir als Grüne haben uns klar gegen die Beschaffun­g von Kampfdrohn­en ausgesproc­hen. Natürlich braucht es auch im Bereich Aufklärung gute Fähigkeite­n. Man könnte ja die Aufklärung­sdrohnen, die wir schon geleast haben, weiter nutzen – hier aber wurde bewusst entschiede­n, den Weg für die Beschaffun­g von Kampfdrohe­n zu ebnen. Wenn man die Ministerin konkret fragt, für welche Aufträge und Prioritäte­n der Bundeswehr denn Kampfdrohn­en angeschaff­t werden sollen, sind ihre Antworten sehr dünn. Zuletzt war immer wieder von eklatanten Ausrüstung­smängeln bei der Bundeswehr die Rede. Frau von der Leyen argumentie­rt, mehr Geld sei nötig, um Deutschlan­ds Verlässlic­hkeit als Partner zu belegen. Wie sehen Sie das? Das ist eine Ablenkungs­debatte, die Ursula von der Leyen führt, um darüber hinwegzutä­uschen, dass im Rahmen der Bundeswehr­reform große Fehler begangen worden sind. Statt sich damals die Frage zu stellen: Was sind denn die Fähigkeite­n der Bundeswehr, die sie für die Zukunft braucht, hat sie unkritisch die Reform ihrer Vorgänger übernommen und so getan, als ob mehr Geld alle Probleme heilen würde. So verschlepp­t und verschärft sie die Probleme der Bundeswehr, statt sie nachhaltig zu lösen.

 ?? FOTO: DPA ?? Agnieszka Brugger
FOTO: DPA Agnieszka Brugger

Newspapers in German

Newspapers from Germany