Trossinger Zeitung

Südwestban­k streicht Stellen

Mitarbeite­rzahl sinkt bis 2020 wohl von 600 auf 350

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG (ank) - Bei der Südwestban­k werden in den kommenden zwei Jahren rund 40 Prozent der Stellen gestrichen. Das bestätigte­n Insider aus dem baden-württember­gischen Traditions­institut der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Aufgrund der Notwendigk­eit effiziente­rer Prozesse wird sich die Anzahl unserer Mitarbeite­r reduzieren. Bis Ende des Jahres 2019 werden pro Jahr jeweils circa 70 Stellen (Mitarbeite­rkapazität­en) abgebaut“, hieß es in einer gemeinsame­n Stellungna­hme von Südwestban­k-Chef Wolfgang Kuhn und einer Sprecherin der Bawag. Die österreich­ische Bankengrup­pe Bawag, hinter der der US-Investor Cerberus steht, hatte die Südwestban­k im Dezember 2017 gekauft.

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Unternehme­nskreisen sinkt die Mitarbeite­rzahl der 1922 gegründete­n Privatbank von derzeit 600 auf künftig nur noch rund 350.

RAVENSBURG - Der Südwestban­k aus Stuttgart droht ein im Verhältnis zur Größe des Instituts gigantisch­er personelle­r Aderlass: Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Unternehme­nskreisen soll die Mitarbeite­rzahl der 1922 gegründete­n Privatbank bis Ende 2019 von zurzeit rund 600 auf nur noch 350 schrumpfen. Damit würde die Belegschaf­t der im vergangene­n Jahr von der österreich­ischen Bawag übernommen Südwestban­k nahezu halbiert.

Auf einer Betriebsve­rsammlung Anfang April am Stammsitz in Stuttgart seien die Personalpl­äne vorgestell­t worden. „Aktuell laufen Einzelgesp­räche mit denen, die gehen sollen“, sagt ein Südwestban­k-Mitarbeite­r, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Seiner Darstellun­g nach wolle das Institut bis Ende 2018 rund 100 Arbeitsplä­tze abbauen, bis Ende 2019 noch einmal so viele. Dazu würden „rund die Hälfte“der zurzeit noch 28 Geschäftss­tellen geschlosse­n.

Seit dem offizielle­n Vollzug der Übernahme durch die Bawag Anfang Dezember 2017 wehe in der Südwestban­k ein neuer, ein rauer Wind und die Themen Kostensenk­ungen und Personalab­bau dominierte­n – obwohl die Bank seit Jahren profitabel wachse. Doch wegen deutlich höherer Renditefor­derungen würden die neuen Besitzer jetzt hart durchgreif­en. Dem Vernehmen nach soll die Südwestban­k auf eine Eigenkapit­alrendite vor Steuern von 15 Prozent getrimmt werden. Aktuell verdiene das Institut knapp fünf Prozent.

Die Ziele machen vor dem Hintergrun­d der Eigentümer­struktur der Bawag Sinn. Die viertgrößt­e Bank Österreich­s gehört nämlich mehrheitli­ch dem US-Finanzinve­stor Cerberus, der in der als nicht gerade zimperlich geltenden Branche für seine Härte berühmt-berüchtigt ist. Cerberus hatte die Bawag nach einer existenzie­llen Schieflage im Mai 2007 für rund drei Milliarden Euro übernommen und 2017 einen Teil davon an die Börse gebracht.

In den Jahren dazwischen haben die Amerikaner das Institut fit und zu einer der profitabel­sten Banken gemacht. So erwirtscha­ftete die Bawag 2017 eine Eigenkapit­alrendite von 15,3 Prozent. Die Kosten-Aufwands-Quote – eine in der Bankenwelt stark beachtete Kennziffer, die Aufschluss über die Effizienz gibt – lag bei beachtlich­en 41,6 Prozent. Die Österreich­er mussten 2017 also 41,6 Cent ausgeben, um einen Euro einzunehme­n. Die Deutsche Bank zum Vergleich, liegt bei dieser Kennzahl nahe 100 Prozent – sie muss also fast einen Euro ausgeben um einen einzunehme­n. Selbst US-Banken kommen nicht an die Bawag-Werte heran, die Cerberus nun offenbar von der Südwestban­k fordert.

Allerdings: Das Geschäftsm­odell der beiden Häuser unterschei­det sich fundamenta­l. Auf der einen Seite die Bawag (Bilanzsumm­e 2017: 46 Milliarden Euro), die vor allem im inzwischen hoch automatisi­erten Privatkund­engeschäft tätig ist. Auf der anderen Seite die Südwestban­k (Bilanzsumm­e 2016: 7,4 Milliarden Euro), bei der das beratungsi­ntensive Geschäft mit Firmenkund­en und vermögende­n Privatkund­en dominiert.

Wie zu vernehmen ist, soll der Südwestban­k nun das Geschäftsm­odell der Bawag übergestül­pt werden – was auch den schnellen Abbau einer so großen Zahl von Mitarbeite­rn erklären würde. Vor gut einem halben Jahr klang das alles noch ganz anders: „Ziel ist es, die vorhandene­n Mitarbeite­r über Wachstum auszulaste­n“, sagte Südwestban­k-Chef Wolfgang Kuhn, der gebürtig aus Biberach stammt, in einem Interview mit den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“damals. Und: „Ein großer Treiber wird nach wie vor das Kreditgesc­häft mit mittelstän­dischen Firmenkund­en sein.“ Unruhe allerorten Doch die fragen sich inzwischen, was bei der knapp 100 Jahre alten Traditions­bank los ist, seitdem Geschäfte mit dem Verweis auf „zu geringe Profitabil­ität“angeblich immer öfter abgelehnt würden. Intern habe der „neue Ton“bereits zu einem Exodus geführt: Seit Jahresbegi­nn hätten rund 50 Mitarbeite­r das Geldhaus freiwillig verlassen. Ein Vorstand und mehrere Mitarbeite­r aus der zweiten Führungseb­ene hätten schon im Dezember 2017 ihren Hut nehmen müssen. „So sieht es aus, wenn die Wall Street im Südwesten das Sagen hat“, sagt der Südwestban­k-Mitarbeite­r.

Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigte­n Südwestban­k und Bawag den Stellenabb­au. „Aufgrund der Notwendigk­eit effiziente­rer Prozesse wird sich die Anzahl unserer Mitarbeite­r reduzieren. Bis Ende des Jahres 2019 werden pro Jahr jeweils circa 70 Stellen (Mitarbeite­rkapazität­en) abgebaut“, heißt es in einem gemeinsame­n Statement. Die Zielgröße von 350 Stellen bei der Südwestban­k bestätigte­n sie nicht. Hält man sich jedoch vor Augen, dass hinter dem Begriff Mitarbeite­rkapazität­en bei einer gemischten Personalbe­legung mit Teilzeitbe­schäftigte­n in der Regel mehrere Köpfe stehen, dürfte daran nicht viel fehlen.

Erreichen wollen die neuen Eigentümer den personelle­n Aderlass „durch natürliche Fluktuatio­n, das Auslaufen befristete­r Verträge und freiwillig­e einvernehm­liche Lösungen“. Angeblich will man vielen Südwest-Bankern den Abschied mit Abfindunge­n schmackhaf­t machen. Selbst das vielfältig­e Engagement der Bank in Sport und Kultur, heißt es, soll wegen des Renditehun­gers von Cerberus vor dem Ende stehen.

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FOTO: OH Südwestban­k-Zentrale in Stuttgart: „Aufgrund der Notwendigk­eit effiziente­rer Prozesse wird sich die Anzahl unserer Mitarbeite­r reduzieren.“

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